Eine Gerichtsverhandlung mit Schöffen, die nicht des Deutschen mächtig sind, ist nichtig. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, nachdem eine russischsprachige Schöffin vor dem Landgericht Köln eine Dolmetscherin hinzugezogen hatte. In dem Prozess ging es um einen Überfall auf einen Supermarkt in Köln-Sürth. Im April 2009 bedrohten die Angeklagten dabei die Kassiererinnen mit einem Gasrevolver und erbeuteten rund 1.400 Euro.
Das Landgericht Köln hatte den Prozess unter Mitwirkung einer deutsch-russischen Schöffin durchgeführt, die in der Verhandlung und Beratung eine Dolmetscherin benötigte. Weil die Strafkammer des Landgerichts somit nicht „vorschriftsmäßig besetzt“ war, hob der BGH das Urteil vom November 2009 gegen die Angeklagten auf.
Doch der Fall in Köln wurde im Jahr 2009 verhandelt, als die Sprachkenntnisse von Schöffen noch nicht geregelt waren und noch nicht festgelegt war, dass Schöffen, die die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen, „nicht zu Schöffen berufen werden sollen“. Die Verteidiger hatten schon damals die Mitwirkung der Schöffin wegen ihrer Deutschdefizite beanstande, allerdings wurde ihr Antrag vom Landgericht Köln abgewiesen. Nun war die Revision aber war erfolgreich und der Fall muss erneut aufgerollt werden. Die Rechtsprechung macht damit aus der Soll-Vorschrift des Gesetzes von 2010 eine Muss-Vorschrift (AZ: 2 StR 338/10).
In einer Pressemitteilung des BGH heißt es:
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil auf die Revisionen der Angeklagten aufgehoben, da die Strafkammer mit einer der deutschen Sprache kaum mächtigen Schöffin nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen war (§ 338 Nr. 1 StPO). Die Heranziehung einer nicht sprachkundigen Schöffin verstößt gegen den Grundsatz, dass die Gerichtssprache deutsch ist (§ 184 S.1 GVG) und verletzt zudem den im Strafprozess geltenden Grundsatz der Unmittelbarkeit (§ 261 StPO). Eine sprachunkundige Schöffin ist ebenso wie ein tauber oder blinder Richter jedenfalls partiell unfähig, der Verhandlung selbst zu folgen. Das GVG hat die insoweit bisher bestehende Regelungslücke durch Einfügung des seit dem 30. Juli 2010 geltenden § 33 Nr. 5 GVG geschlossen. Danach sollen Personen ohne hinreichende Sprachkenntnis nicht zu Schöffen berufen werden und sind von der Schöffenliste zu streichen. Die Teilnahme einer für die Schöffin herangezogenen Dolmetscherin für die russische Sprache an allen Beratungen der Strafkammer begründet überdies einen Verstoß gegen das Beratungsgeheimnis des § 193 GVG.
[Text: Jessica Antosik. Quelle: www.bundesgerichtshof.de, 26.01.2011; www.fr-online.de, 26.01.2011. Bild: www.wikipedia.de.]