Sprachvereinfachung: Über die Teufels Küche und weitere Probleme

Kinder lernen spielend Sprachen. Im Gegensatz dazu fällt es Erwachsenen deutlich schwerer, eine, geschweige denn mehrere Fremdsprachen zu lernen. Trotz aller Schwierigkeiten ist das Sprachenlernen im Erwachsenenalter in Zeiten der Globalisierung unumgänglich.

Viele stellen sich Frage: Kann man Sprachen nicht vereinfachen, um sie leichter erlernbar zu machen? Doch was bedeutet dies genau? Sollen deutsche Muttersprachler in einem Gespräch mit einem Ausländer ihr Deutsch vereinfachen und keine verschachtelten und über- oder untergeordneten, sondern kurze, aneinandergefügte Sätze bilden? Wenn möglich auch keine Fachbegriffe einbauen sowie langsam, klar, laut und deutlich sprechen, das heißt also ebenso das Nuscheln wie Dialekteinschläge umgehen? Eine weitere Vereinfachung läge einerseits in der Verwendung von Infinitiven und andererseits in der Vermeidung von Metaphern sowie idiomatischen Wendungen. Eine Ausländer versteht nämlich statt „Dann kommen wir in Teufels Küche“ eher „Dann kriegen wir Probleme“ sowie „monoton“ schneller als „eintönig“.

Oder wäre eine sozusagen institutionalisierte einfachere Sprachvariante die Lösung? Bei der Plansprache Esperanto handelt es sich bereits um leicht erlernbare, neutrale Sprache für die internationale Verständigung. Allerdings schuf der polnische Augenarzt und Philologe Ludwik Lejzer Zamenhof keine bestimmte vereinfachte Sprache, sondern eine neue, vereinfachte Sprache: Alle Substantive enden auf „o“, Adjektive gehen auf „a“ aus und Verben haben eine der Endungen „i“, „as“, „is“, „os“, „us“ und „u“. Die Mehrzahlendung ist „j“ und jedes Wort wird auf der vorletzten Silbe betont. Esperanto hat sich jedoch nicht durchgesetzt. Als Grund dafür wird oftmals angeführt, dass Esperanto eine „künstliche“ Sprache sei und eine neue Sprache wegen der Dominanz des Englischen keine Chance habe.

Dagegen kann man dennoch einwenden, dass sich auch die sog. „natürlichen“ Sprachen im Laufe der Zeit entwickelt haben. Des Weiteren gibt es auch durchaus reduzierte Sprachen: die Pidgins. Diese Sprache dient verschiedensprachigen Personen zur Verständigung. Insbesondere während der Zeit der Kolonisation entstanden Pidgin-Sprachen – hauptsächlich auf der Grundlage des Englischen, Französischen, Spanischen, Portugiesischen oder Niederländischen. Der Wortschatz und die Grammatik unterliegen stark dem Einfluss der in Kontakt stehenden Sprachen. Pidgins entstehen zumeist aus einem bestimmten Zweck wie zum Beispiel der Aufrechterhaltung einer Handelsbeziehung zwischen zwei Sprachgemeinschaften. Somit hat ein Pidgin anfangs keine muttersprachlichen Sprecher. Wird ein Pidgin indes in den folgenden Generationen zur Muttersprache, entsteht aus ihm eine sogenannte Kreolsprache.

Der Turmbau zu Babel von Pieter Brueghel, 1563, Kunsthistorisches Museum Wien

In den 20er-Jahren wurde in England ein Projekt zur institutionalisierten Vereinfachung der englischen Sprache ins Leben gerufen. Das Ziel war ein „Basic English“. Charles K. Ogden und Ivor A. Richards wollten zum einen den Englischlernenden entgegenkommen und zum anderen den Weg zur allgemeinen Weltsprache ebnen. Auch Frankreich begann nach dem Zweiten Weltkrieg ein vergleichbares Vorhaben und schuf das „français élémentaire“. Die Franzosen machten sich auf die Suche nach dem Grundwortschatz und befanden insgesamt 1000 Wörter für wichtig. Diese setzten sich aus 270 sog.“grammatischen Wörter“ wie „pour“ oder „parce que“, 380 Hauptwörtern, 200 Zeitwörtern, 100 Eigenschaftswörtern und 50 weiteren bedeutenden Wörtern zusammen. Letzten Endes wurden die beiden Projekte jedoch nicht umgesetzt. Ein Grund liegt sicherlich in der verstärkten Verbreitung des Englischen.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass eine Sprachvereinfachung ratsam ist, wenn man sich mit Fremdsprachigen unterhält. Es gestaltet sich allerdings schwer, eine Sprache zu vereinfachen – sei es auch nur für einen bestimmten Zweck.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: faz.net, 22.06.2011. Bild: wikipedia.de.]

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