1.500 US-Dollar (rund 1.100 Euro) hätte ein Somalier für seine Tätigkeit als Konsekutivdolmetscher bei einem Piratenüberfall auf das deutsche Containerschiff Taipan erhalten sollen. Dies erklärte der 29-jährige Angeklagte beim nun schon seit 15 Monaten andauernden Hamburger Piratenprozess.
Am 78. Verhandlungstag rang sich der 29-Jährige überraschend zu einer umfassenden Aussage durch und beschuldigte die übrigen Angeklagten der Lüge. Vor Gericht seien bislang jeden Tag Märchen erzählt worden. Er könne das nicht mehr ertragen. Vor Gericht hat man uns korrekt und fair behandelt, und ich möchte Ihnen wirklich die Wahrheit sagen , so der Sprachmittler.
Keiner der Angeklagten sei – wie zuvor von einigen behauptet – zur Teilnahme an dem Überfall gezwungen worden. Vielmehr seien vorab Verträge gemacht worden, in denen die Aufgaben eines jeden Einzelnen festgelegt worden seien. Er habe die Aufgabe gehabt, zwischen den Somalis und der Schiffsbesatzung zu dolmetschen. Selbst die Aufteilung des zu erpressenden Lösegelds sei vertraglich geregelt gewesen. Der Dolmetscher gab darüber hinaus den Namen des Anführers in Somalia an und berichtete von weiteren Hintermännern.
Die zehn Angeklagten hatten Ostern 2010 vor der Küste Somalias das Hamburger Containerschiff Taipan gekapert. Die 15-köpfige Schiffsbesatzung, darunter zwei Deutsche, konnte sich in einem Sicherheitsraum verschanzen. Wenige Stunden später wurden sie von einem zu Hilfe gerufenen niederländischen Marinekommando befreit und die Piraten festgenommen.
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2010-12-21: Keine leichte Aufgabe: Dolmetscher im Hamburger Piratenprozess
2009-08-06: Auch Piraten brauchen Dolmetscher
[Text: Richard Schneider. Quelle: Welt, 2012-03-01; Zeit, 2012-02-29; NDR, 2012-03.01. Bild: Creative Commons Public Domain / Wikipedia.]