Italienischer Sprachwissenschaftler übersetzt altsüdarabische Texte

Dr. Giovanni Mazzini von der Universität Pisa ist Experte für Qatabanisch, einen Dialekt, der im antiken Südarabien gesprochen und geschrieben wurde. Aktuell arbeitet Mazzini als Gastwissenschaftler an der Universität Jena. Während seines zweimonatigen Forschungsaufenthaltes beabsichtigt er unter anderem die Texte der Marktstele aus Timna im heutigen Jemen zu entziffern. Der Wüstensand hat die in den Stein gehauenen Schriftzeichen über Jahrtausende hinweg bewahrt, weshalb sie heutzutage noch gut erkennbar sind. „Aus solchen Zeitzeugnissen können wir viel über das Leben und die Kultur der damaligen Zeit erfahren“, erklärt der italienische Wissenschaftler. „Diese Inschriften stammen aus der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends.“

Qatabanisch wurde im antiken Königreich Qataban, im Norden des heutigen Jemen, gesprochen und geschrieben. Neben dem Königreich Saba gehörte auch Qataban zu den hoch entwickelten Staaten im vorislamischen Südarabien. „Wie im Königreich Saba war es auch in Qataban üblich, Stadttore, Gebäude oder Tempelmauern mit monumentalen Inschriften zu versehen“, berichtet Mazzini. „Vor allem für die Öffentlichkeit relevante Texte, beispielsweise Gesetzestexte, wurden so für jedermann sichtbar gemacht.“ Diese „Schriftstücke“ liefern grundlegende Einblicke in die Rechtsauffassung der Zeit. Dies sei geschichtlich äußerst interessant, da uns detaillierte Einblicke in die Rechtsauffassung der Zeit gegeben werden, erläutert Mazzini. „Gesetzestexte sind aber auch ein Abbild der Gesellschaft und der Kultur“, so Mazzini. Der Sprachwissenschaftler zielt nicht nur darauf ab, der wortwörtlichen Bedeutung der Texte auf den Grund zu gehen. Ihm ist  es zudem wichtig, die Texte sowohl historisch als auch kulturell einzuordnen.

Auf langfristige Sicht gesehen möchte Mazzini, der bereits im Jahre 2007 als Gastwissenschaftler an der Friedrich-Schiller-Universität Jena tätig war, die lexikografischen Grundlagen des Qatabanischen erforschen. Bisher liegen nämlich kein Wörterbuch noch eine umfassende Grammatik der qatabanischen Sprache vor. Insgesamt zehn Texte hat Mazzini bereits entziffert und übersetzt.

Mazzini arbeitet in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Semitische Philologie und Islamwissenschaft der Universität Jena sowie mit dem Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) in Berlin an der Sprache und Kultur der Städte an der antiken Weihrauchstraße. Der Aufenthalt von Dr. Giovanni Mazzini am Institut für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients wird vom DAI und der Universität Jena finanziert.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: uni-jena.de, 19.06.2012; 25.06.2007.]