Lohndumping: Dolmetscher im österreichischen Flüchtlingslager erhalten 9,31 Euro brutto pro Stunde

Vor einigen Monaten wurde im Flüchtlingslager Traiskirchen die Zusammenarbeit mit vielen erfahrenen Dolmetschern beendet. Seither greift die Landespolizeidirektion auf die Dienste einer Detektei zurück, die auch Dolmetscherdienste anbietet. Das hat jedoch für Kritik unter den Asylbewerbern gesorgt, denn das Personal sei schlecht ausgebildet und mit der besonderen Situation in einem Asylverfahren überfordert. Wir berichteten (Nach Kritik an Billig-Dolmetschern: Detektive als Dolmetscher im Flüchtlingslager Traiskirchen).


Die Gebäude des Flüchtlingslagers Traiskirchen mit dem Schneeberg im Hintergrund

Einem Dienstvertrag zufolge, der Ö1, dem Radioprogramm des Österreichischen Rundfunks, vorliegt, zahlt das neu engagierte Unternehmen den Dolmetschern einen Stundenlohn von 9,31 Euro brutto. Zuvor erhielten die Dolmetscher 25 Euro pro angefangener halben Stunde. Eine andere Quelle (Das Format − das Magazin für Politik, Wirtschaft & Wissen) spricht hier allerdings von 25 Euro pro angefangene Stunde. Wie die Landespolizeidirektion gibt sich auch der Firmenchef wortkarg: „Keine Auskunft“ lautete die Antwort. Ein Interview wollte auch niemand geben.

Bei den 9,31 Euro handelt es sich um einen Stundenlohn, der um 19 Cent über jenem liegt, den Personalverleihunternehmen in Österreich als kollektivvertraglichen Mindestlohn für angelernte Arbeiter zahlen müssen. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass jene Dolmetscher, die die Entscheidung, ob ein Flüchtling abgeschoben wird oder nicht, maßgeblich beeinflussen, angelernte Arbeiter sind oder zumindest so entlohnt werden.

Merkwürdig ist in diesem Zusammenhang, dass es im 2006 erschienenen Handbuch Dolmetschen im Asylverfahren des österreichischen Bundesministeriums für Inneres auf Seite 34 heißt: „Die Asylbehörden sind angewiesen, gerichtlich beeidete bzw. ausgebildete DolmetscherInnen heranzuziehen.“ In einer Stellenausschreibung der Justizbetreuungsagentur ist festgehalten, dass sich die Entlohnung nach dem BAGS-Kollektivvertrag (Akademiker Stufe 9) richtet. Dort ist der Stundenlohn auf 17,50 Euro festgesetzt. Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Löhne im Flüchtlingslager Traiskirchen erheblich gedumpt wurden bzw. werden.

[Text: Jessica Antosik. Quelle: noe.orf.at, 21.12.2012; format.at, 21.12.2012. Bild: Schletz, Lizenz: PD.]