Normalerweise werden alle Rinder, die den Sommer auf den Wiesen der Oberallgäuer Alpen verbracht haben, vor der Rückkehr in die Täler auf Tuberkulose getestet. Denn sie könnten sich bei Wildtieren infiziert haben.
Im Herbst 2014 war diese Routineuntersuchung wieder fällig. Doch wegen eines vom Übersetzungsdienst der EU-Kommission zu verantwortenden Übersetzungsfehlers in einer EU-Richtlinie wurde daraus nichts. Und das kam so:
Das Bayerische Umweltministerium hatte wegen einer neuen EU-Richtlinie seine Vorgaben für die Untersuchung geändert. Die Tierärzte sollten ab sofort für die Blutabnahme bei jedem Tier eine neue Kanüle benutzen. Bisher hatten die Veterinäre die Nadel an der Spritze immer für mehrere Rinder benutzt.
Durch die Neuregelung wären die Tests dreimal so aufwändig und dreimal so teuer geworden. Bei insgesamt rund 25.000 Stück Jungvieh sei die Untersuchung sämtlicher heimgekehrter Tier bei diesem Aufwand „logistisch schlichtweg nicht machbar“ gewesen, so Landrat Toni Klotz. Darüber hinaus sei ihm kein Veterinär bekannt, der bereit sei, den Nadelwechsel durchzuführen, weil er das nicht bezahlt bekomme.
Nach massivem Protest der Bauern gegen die ministerielle Anordnung und weil einige von ihnen vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geklagt hatten (und letztendlich Recht bekamen), wurde die so genannte Rückkehruntersuchung kurzerhand ganz abgesagt und auf das Frühjahr verschoben. Bis dahin, so hoffte man, würden die Unklarheiten über die Umsetzung der Richtlinie geklärt sein.
Am 25.11.2014 teilte dann das Bayerische Umweltministerium über seinen Sprecher Stefan Zoller mit: „Der Übersetzungsdienst der EU-Kommission hat den Fehler in der deutschen Fassung der EU-Richtlinie korrigiert und der neue Text wurde bereits im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht. Somit ist er rechtsgültig.“
Ab sofort dürfen Veterinäre bei Tuberkulinproben also wieder eine Spritzkanüle für mehrere Rinder verwenden.
Bei der Untersuchung handelt es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Im Jahr 2013 war von 4.400 untersuchten Rindern kein einziges mit Tuberkulose infiziert. Auch die Untersuchung des Rotwildes hatte nur negative Ergebnisse erbracht.
[Text: Richard Schneider. Quelle: Allgäuer Anzeigeblatt, 2014-10-13, 2014-10-14, 2014-11-26, 2015-01-15.]