Bestes Kaiserwetter herrschte am 10.06.2017 in Hürth bei Köln. Das sonst hermetisch abgeriegelte Bundessprachenamt hatte am „Tag der Bundeswehr“ seine Tore geöffnet, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Die Zahl der Besucher wurde später auf 15.500 geschätzt. Darunter befanden sich auch einige Übersetzer, die in den vergangenen Wochen von uepo.de darauf aufmerksam gemacht wurden. Die für die Region zuständigen Berufsverbände ATICOM und BDÜ Nordrhein-Westfalen hatten es versäumt, ihre Mitglieder und die Fachöffentlichkeit auf diese einmalige Großveranstaltung hinzuweisen.
Der größte deutsche Arbeitgeber für angestellte Übersetzer und Dolmetscher bot neben einem Info-Stand auch Schnupper-Sprachkurse, elektronische Sprachtest und Sprachlernprogramme sowie eine vier Mal wiederholte aufwändige Dolmetschpräsentation mit 4 Sprachen und 6 Konferenzdolmetschern an.
Die Mini-Sprachkurse wurden in den Sprachen Arabisch, Bulgarisch, Chinesisch, Dari, Französisch, Italienisch, Norwegisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch und Türkisch angeboten.
Auf großes Publikumsinteresse stieß die Dolmetschpräsentation, bei der ein englischsprachiger Vortragstext über die Geschichte des Dolmetschens sowie weitere Beiträge auf Französisch und Russisch simultan in drei Sprachen übertragen wurden.
Diese gelungene Werbeveranstaltung für die Berufsgruppe der Konferenzdolmetscher wurde über den Tag verteilt viermal angeboten und erreichte damit mehr als 500 Menschen, darunter auch Journalisten des WDR und der Lokalpresse.
Übersetzen, Dolmetschen, Terminologiearbeit
Aufgabenschwerpunkte der Sprachmittler im Bundessprachenamt sind:
- Übersetzungen in und aus mehr als 20 Sprachen. Typische Aufträge sind das Übersetzen von Verträgen, Publikationen oder technischen Dokumentationen.
- Dolmetscheinsätze bei Konferenzen und in Besprechungen, bei multinationalen Ausbildungsvorhaben sowie in den Bereichen der Verteidigungskooperation und Rüstungskontrolle.
- Unterstützung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, insbesondere durch Entsendung von Dolmetschern und Übersetzern in die Einsatzgebiete.
- Bearbeiten und Bereitstellen von Terminologie für das gesamte Ressort des Bundesministeriums der Verteidigung.
Das Bundessprachenamt beschäftigt an rund 100 Dienstorten in Deutschland 975 Mitarbeiter. 450 davon sind in der Zentrale in Hürth tätig, davon 270 als Übersetzer, Dolmetscher und Terminologen. Rund 50 Fremdsprachenassistenten arbeiten den Übersetzern zu und übernehmen wichtige vorbereitende Tätigkeiten. Hinzu kommen mehrere hundert muttersprachliche Lehrer für die Sprachausbildung von Beamten – vor allem im diplomatischen Dienst.
80 bis 90 Prozent des Übersetzungsvolumens machen Aufträge aus der Bundeswehr aus, das Bundessprachenamt steht aber laut Gründungserlass dem gesamten öffentlichen Dienst im Rahmen der Amtshilfe zur Verfügung.
Die Zahl der Mitarbeiter ist in den letzten 10 Jahren konstant geblieben. Unter den Sprachen ist der Anteil des Französischen wegen des Bundeswehreinsatzes in Mali spürbar angestiegen.
Kein Tag der offenen Tür, sondern Tag der Bundeswehr
Es handelte sich nicht um einen Tag der offenen Tür des Bundessprachenamtes, sondern um den „Tag der Bundeswehr“, an dem das Bundessprachenamt erstmals teilnahm. Deshalb standen die Bundeswehr und militärische Ausstellungsstücke wie der Dingo, Aufklärungsdrohnen und sonstiges militärisches Gerät im Mittelpunkt der Veranstaltung.
Neben den Streitkräften waren auch die Kölner Feuerwehr, das Technische Hilfswerk und die Polizei mit Info-Ständen und technisch interessanten Fahrzeugen vertreten. Die Polizei Nordrhein-Westfalen informierte über internationale Polizeimissionen.
Fazit
Der Tag der Bundeswehr im Bundessprachenamt war eine überaus gelungene Veranstaltung bei optimalen äußeren Bedingungen, die durch eine perfekte Organisation glänzte.
Dem ein oder anderen pazifistischen Feingeist mochte der Anteil des Militärischen vielleicht zu hoch gewesen sein. Aber das Bundessprachenamt ist nun einmal der Sprachendienst der Bundeswehr.
Wer wollte, konnte die kriegerischen Gerätschaften auch einfach ignorieren. Selbst diejenigen, die sich ausschließlich für das Übersetzen und Dolmetschen interessierten, hatten mehrere Stunden zu tun, um alle Informations- und Gesprächsangebote wahrzunehmen.
Weiterführende Links
- 2017-05-30: Dolmetschvorführungen, Schnuppersprachkurse: Bundessprachenamt öffnet am 10. Juni Tore für Besucher
- 2009-06-08: Ausflug in eine heile Welt: Die Übersetzer im Bundessprachenamt
[Text: Richard Schneider. Bild: Richard Schneider (19), Bundeswehr (1, Foto von Nicola Baumann).]