Berlin: Sind die 220 Dolmetscher des Flüchtlingsamts freie Mitarbeiter oder Angestellte? Zoll beschlagnahmt Unterlagen

Das Hauptzollamt hat am 29.11.2017 zwei Standorte des Berliner Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) durchsucht und Unterlagen zur Beschäftigung der rund 220 Übersetzer und Dolmetscher beschlagnahmt. Die Bild-Zeitung titelte „Verdacht des Sozialbetrugs: Razzia in Berliner Flüchtlingsamt“.

Die Sprachmittler sind beim Amt als freie Mitarbeiter beschäftigt. De facto arbeiten die meisten aber seit Jahren in Vollzeit ausschließlich für das LAF – mit oftmals festen Arbeitszeiten in der Charlottenburger Zentralverwaltung (Darwinstraße) und zum Beispiel der Außenstelle in Wilmersdorf (Bundesallee), die ebenfalls durchsucht wurde.

Für Nebentätigkeiten dürften die Freiberufler kaum Zeit haben. Schon mehrfach hatte sich das LAF mit Unterstützung der Gewerkschaft ver.di beim Senat über die anhaltende Überlastung aller Mitarbeiter beschwert und um Linderungsmaßnahmen gebeten.

Nun soll die arbeitsrechtliche Situation der Dolmetscher eingehend geprüft werden. Dabei geht es im Wesentlichen um die Frage, ob das Landesamt verpflichtet ist, rückwirkend und in Zukunft Sozialabgaben für diese „freien Mitarbeiter“ abzuführen.

Dies wäre dann der Fall, wenn nachgewiesen werden könnte, dass die freien Mitarbeiter wie Angestellte behandelt werden. Angestellte arbeiten typischerweise weisungsgebunden, können Aufträge nicht ablehnen und sind nicht frei in ihrer Zeiteinteilung. Wird eine solche Scheinselbstständigkeit für die freien Mitarbeiter festgestellt, gilt deren Auftraggeber als Arbeitgeber und muss die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung nachzahlen.

Weder das LAF noch das Hauptzollamt Berlin oder die für die Überprüfung zuständige Senatsverwaltung für Arbeit wollten sich gegenüber der Presse dazu äußern – unter Hinweis darauf, dass es sich um ein schwebendes Verfahren handelt.

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[Text: Richard Schneider. Quelle: Bild, 2017-12-02; Tag24, 2017-12-02.]