Der ehemalige Oberbürgermeister von Hannover, Stefan Schostok (SPD), ist „Sprachpanscher des Jahres 2019“. Mit der Negativauszeichnung brachten die weltweit 36.000 Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache (VDS) ihren Unmut über Schostoks Vorschriften zur Hannoverschen Behördensprache zum Ausdruck.
Mit „Mitarbeiter*innen“, „Wählenden“ und „Radfahrenden“, einem „Redepult“ statt einem Rednerpult und mit „Lehrenden“ statt Lehrern hatte Schostok Anfang 2019 für bundesweites Aufsehen gesorgt. Und mit der Vorschrift, das Wort „jeder“ durch „alle“ zu ersetzen, hat er nach Ansicht der Sprachfreunde sogar die Bedeutung von Aussagen manipuliert.
„Looks like shit“: Verkehrsminister auf Platz 2, gefolgt von Heidi Klum
Um den zweiten Platz in dem Feld aus fünf Kandidaten stritten Verkehrsminister Andreas Scheuer und Mode-Ikone Heidi Klum, bekannt durch ihre Fernsehsendung Germanys Next Topmodel mit jeder Menge „Challenges“ für junge Damen mit viel „Personality“.
Letztendlich hatte Scheuer mit 122 Stimmen mehr als Klum die Nase vorn. Damit erhielt er die Quittung für sein Werbeplakat „Looks like shit. But saves my life“. Das ruft eine leichtbekleidete, aber behelmte junge Radfahrerin anderen jungen Zweiradfahrern zu. Mit der Aktion sollen Radler dazu bewegt werden, Helme zu tragen.
Während bisherige Proteste vor allem die sexistischen Anspielungen dieses Plakats bemängelten, halten die Sprachfreunde die Unterstellung, deutsche Jugendliche wären nur noch auf Englisch anzusprechen, für mindestens genauso schlimm.
BUND mit „hackAIR“ auf Rang 4
Auf Rang 4 landete der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland). Dem VDS missfällt die Bezeichnung der Kampagne „hackAIR – Bürger*innen messen Feinstaub“.
Beim Forschungsprojekt „hackAIR“ (2016 – 2018) konnten Privatleute selbst gemessene Daten zur Feinstaubbelastung an eine Online-Datenbank übermitteln und so die Daten aus amtlichen Messstationen und anderen Quellen vervollständigen. Zu der im Rahmen eines europäischen Projekts entwickelten Feinstaubinformationsplattform gehörte auch eine Smartphone-App.
Südzucker AG (Platz 5) hat Bindestrichallergie und Wortbildungsstörungen
Platz 5 belegt die Südzucker AG mit ihrer im Lebensmittelhandel erhältlichen „Puder Zucker Mühle“. Der mit dem Bindestrich auf Kriegsfuß stehende Produzent verkauft auch Kuriositäten wie „Fein Zucker“, „Krümel Kandis“, „Gelier Zucker“, „Feinster Back Zucker“ und „Brauner Würfel Rohrzucker“. Müsste Letzteres nach der firmeninternen Rechtschreibrichtlinie nicht eigentlich „Brauner Würfel Rohr Zucker“ heißen? Ebenfalls im Angebot: „Einmach Gläser“.
Von 3.134 abgegebenen Stimmen entfielen die Hälfte auf den OB
Wahlberechtigt waren die Mitglieder des Vereins Deutsche Sprache. Es wurden 3.134 Stimmen abgegeben. Davon entfielen auf Schostok 1.542, Scheuer 624, Klum 502, den BUND 421 und die Südzucker AG 48.
Zu den bisherigen Sprachpanschern des Jahres zählen die Bahnchefs Hartmut Mehdorn und Johannes Ludewig, die Politiker Klaus Wowereit (Be Berlin) und Ursula von der Leyen, Postchef Klaus Zumwinkel, Telekom-Chef Rene Obermann und Obermanns Vorvorgänger Ron Sommer, der den Reigen der Sprachpanscher im Jahr 1998 eröffnet hatte.
Aber auch der Duden wurde schon gewählt. Sieger des Jahres 2018 war der Deutsche Fußballbund; er hatte seine Kicker während der WM in Russland in einem Bus mit der Aufschrift „Best never rest“ übers Land geschickt.
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[Text: VDS, überarbeitet und ergänzt von UEPO.de.]