Verlage und Urheber: VdÜ fordert gemeinsame Verwertungsgesellschaften

Patricia Klobusiczky
Die VdÜ-Vorsitzende Patricia Klobusiczky setzt sich für eine wirksame Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie ein. Ziel ist, die Einnahmesituation von Literaturübersetzern zu verbessern. - Bild: Richard Schneider

VdÜ-LogoNach dem Europäischen Parlament hat am 15. April 2019 auch der Europäische Rat als Gremium der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union für eine Reform des Urheberrechts gestimmt. Die im Verlauf mehrerer Jahre ausgearbeitete Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt ist damit beschlossen und muss nun von den Mitgliedsstaaten innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Es geht dabei um folgende Regelungen: DSM-RL (EU) 2019/790 und Online-SatCab-RL (EU) 2019/789.

Honorarkommission und Vorstand des 1.300 Mitglieder starken Literaturübersetzerverbandes VdÜ (Verband deutschsprachiger Übersetzer/innen literarischer und wissenschaftlicher Werke e.V., Bundessparte Übersetzer/innen im VS in ver.di) haben eine Stellungnahme zur Frage erarbeitet, wie die weitere Umsetzung in nationales Recht erfolgen sollte. Diese wurde am 5. September 2019 mit folgendem Wortlaut an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) übermittelt:

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Stellungnahme des VdÜ zur Umsetzung der EU-Richtlinien im Urheberrecht

I. Zur Einleitung und Information

Wir begrüßen die Gelegenheit, bei der Umsetzung der genannten Richtlinie und Verordnung gesetzgeberisch auf neue Herausforderungen zu reagieren; zugleich ist unsere berufliche Situation von dem Umstand geprägt, dass seit langem bestehende Herausforderungen rechtlich noch immer ungelöst sind, mit harten wirtschaftlichen Folgen für die Literaturübersetzer/innen.

Wir Literaturübersetzer/innen sind in Deutschland als Freiberufler/innen für Verlage tätig, die zur Verwertung von im Ausland eingeholten Buchlizenzen literarisch adäquate Übersetzungen ins Deutsche in Auftrag geben.

Die EU-Richtlinie für das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt verlangt von den nationalstaatlichen Gesetzgebungen, dass sie einen effet utile bewirken, also wirksam sind im Sinne des Ziels der Richtlinien, die rechtliche und wirtschaftliche Position von Urheber/innen und Künstler/innen zu stärken.

Die beiden in Deutschland 2002 und 2016 erfolgten Novellierungen des Urhebervertragsrechtes haben eine solche Wirkung NICHT erzielt. Unter den geltenden rechtlichen Bestimmungen ist weder die Definition von angemessener Vergütung noch deren Durchsetzung möglich.

Die vom Bundesgerichtshof festgelegten Mindestvorgaben für angemessene Beteiligungen an der Nutzung der Werke der Übersetzer/innen werden von vielen Verlagen, darunter gerade die größten Auftraggeber, systematisch unterlaufen. Die Literaturübersetzer/innen haben zwar ein Recht auf Vertragsanpassung an angemessene Vergütung, schrecken aber aus Angst vor Auftragseinbußen davor zurück, es geltend zu machen.

Neben den Beteiligungen für die Werknutzung gibt es bei den Literaturübersetzer/innen ein Normseitenhonorar als Auftragshonorar. Die Normseite (maximal 30 Zeilen à maximal 60 Zeichen) ist die branchenübliche Berechnungsgrundlage. Das Honorar pro Normseite ist 2017/2018 erneut gesunken; das ergibt unsere jüngste verbandsinterne Honorarumfrage.

Das Durchschnittshonorar 2018 von 18,72 € pro Normseite liegt inflationsbereinigt um 3,39 € unter dem des Jahres 2001.

Die wirtschaftliche Situation von in Vollzeit professionell arbeitenden Literaturübersetzer/innen ist prekär; Altersarmut ist die Regel.

Dennoch hat unser Verband während der öffentlichen Diskussion um die EU-Urheberrechtsrichtlinie engagiert eine Beteiligung der Verlage an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften vertreten und dabei auch den Erhalt und die weitere Stärkung dieser Gesellschaften, zumal der VG Wort, im Auge gehabt.

Bei der Umsetzung der Richtlinie erscheint es uns zentral, dass die Frage der Verlagsbeteiligung nicht ohne einen Blick auf urhebervertragsrechtliche Fragen behandelt wird. Die bedeutende rechtliche und finanzielle Stärkung der Verlage in diesem Punkt muss zugleich mit – und nicht lange vor und anstelle von – der Aussicht auf eine überfällige und bisher nicht erreichte Stärkung der Urheber/innen erfolgen, vor allem hinsichtlich der Festsetzung und Durchsetzung von angemessener Vergütung. Fairness ist keine Einbahnstraße.

II. Vorschläge zur gesetzlichen Regelung

Aus der Sicht unseres Verbandes müsste die Verlegerbeteiligung solchen Verlagen vorbehalten bleiben, die in Verwirklichung des geltenden Urhebervertragsrechtes Gemeinsame Vergütungsregeln mit Urheberverbänden aufgestellt haben. Wir trennen hier trotzdem beides, denn möglicherweise könnte eine solche Regelung zu sehr in Interna der Verwertungsgesellschaften eingreifen.

  1. Verlegerbeteiligung: Die Beteiligung der Verlage an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften haben ausschließlich im Rahmen von gemeinsamen Verwertungsgesellschaften von Urheber/innen und Verlagen zu erfolgen.
  2. Angemessene Vergütung: Die gestörte Vertragsparität zwischen Verlagen und Urheber/innen bildet sich auch in der faktischen Unmöglichkeit ab, angemessene Vergütung zu definieren. Die Einigungsmöglichkeit und -verpflichtung muss gestärkt werden, beispielsweise durch eine verbindliche Ausgestaltung der Schlichtung.
  3. Vertretungsvollmacht von Urheberverbänden bei systematischer Verletzung des Grundsatzes der angemessenen Vergütung z. B. in unabänderbaren Standardverträgen von Verlagen.
  4. Lizenzierung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet: Die Umsetzung der EU-Richtlinie muss zur Durchsetzung von unverzichtbaren Vergütungsansprüchen der Urheber/innen und Künstler/innen führen. Unser Verband sieht die Verwertungsgesellschaften als die stärksten und effizientesten Sachwalter unserer Interessen in diesem Zusammenhang und plädiert für rechtliche und organisatorische Strukturen, die eine Lizenzierung über die Verwertungsgesellschaften ermöglichen.

III. Weitere Stellungnahme

Wir schließen uns der dem Ministerium vorliegenden Stellungnahme der Initiative Urheberrecht und derjenigen von ver.di an, zumal da, wo beide sich der fairen Vergütung in Verwertungsverträgen mit Urheber/innen und ausübenden Künstler/innen widmen (Art. 18-23), wo sie auf die Ansprüche auf gerechten Ausgleich eingehen (Art. 16), und nicht zuletzt bezüglich deren Ausführungen zur Umsetzung der Regeln zum Urhebervertragsrecht.

Vorstand und Honorarkommission des VdÜ, September 2019

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Zur EU-Urheberrechtsreform

Die Reform will das Urheberrecht ans Internet-Zeitalter anpassen und die nationalen Unterschiede verringern. Auf diese Weise soll auch ein fairerer finanzieller Ausgleich zwischen den Urhebern und Verwertern herbeigeführt werden. Letztendlich sollen Künstler und Kreative dadurch für ihre Arbeit besser honoriert werden.

Kritiker befürchten, dass in der gegenwärtigen Form der Bestimmungen eher die Verwerter und weniger die Urheber von den Neuregelungen profitieren werden. Für milliardenschwere Plattformen sei es leichter, die Vorgaben umzusetzen als für kleinere Anbieter, was den Trend zur Bildung von Monopolen fördere.

Besonders großen Widerspruch in der kontrovers geführten Debatte rief die wahrscheinlich unumgängliche Einrichtung von Upload-Filtern hervor. Um Sanktionen zu vermeiden, dürften Plattformen wie YouTube grundsätzlich eher zu viel als zu wenig filtern. Dadurch sei das Internet in seiner bisherigen Form in Gefahr.

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[Text: Richard Schneider.]