Jetzt hat das Coronavirus auch die Literaturübersetzer erreicht und versetzt der Branche einen mächtigen Schlag: Die Leipziger Buchmesse, die mit Abstand wichtigste und größte Branchenveranstaltung des ersten Halbjahres, wurde eine Woche vor dem geplanten Beginn abgesagt. Die Messe, auf der Übersetzungen vorgestellt und Übersetzungsrechte gehandelt werden, findet damit nicht wie geplant vom 12. bis 15. März 2020 statt. Gleiches gilt für das im Verbund stattfindende Lesefest Leipzig liest und die Manga-Comic-Con.
Wie die Messegesellschaft mitteilt, ist das Gesundheitsamt Leipzig der Aufforderung des Bundesgesundheits- und des Bundeswirtschaftsministeriums gefolgt, wonach eine Rückverfolgbarkeit von Kontaktpersonen bei Großveranstaltungen gewährleistet sein muss. Es empfahl dringend, dass jeder Messeteilnehmer schriftlich belegen muss, nicht aus definierten Risikogebieten zu stammen oder Kontakt zu Personen aus Risikogebieten gehabt zu haben.
Angesichts von rund 2.500 Ausstellern und rund 280.000 erwarteten Besuchern kann eine solche Auflage nicht umgesetzt und sichergestellt werden. Die Stadt Leipzig und die Leipziger Messe beschlossen daher die Absage.
„Die Gesundheit unserer Bürger und der Stadt steht für uns an erster Stelle“, betont Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig. „Die Entscheidung über die Absage der Leipziger Buchmesse wurde auf Grundlage der Empfehlung der zuständigen Fachbehörden getroffen. Sie allein verfügen über die notwendigen Fachkenntnisse und Kompetenz zur Lagebeurteilung.“
„Sicherheit geht vor“, sagte Martin Buhl-Wagner, Geschäftsführer der Leipziger Messe. „Die Leipziger Buchmesse ist ein Fixpunkt der deutschsprachigen Literatur, ein Höhepunkt im Messekalender der Buchbranche. Vor diesem Hintergrund haben wir seit Ausbruch von Covid-19 laufend unsere Sicherheitsvorkehrungen auf dem Messegelände erhöht, um die Gesundheit der Aussteller, Besucher, Gäste und Mitarbeiter zu schützen. Doch angesichts der aktuellen Situation schätzen wir im Einklang mit der Stadt Leipzig das Risiko für die Gesundheit unserer Aussteller, Besucher, Gäste und Mitarbeiter bei der Leipziger Buchmesse als zu groß ein.“
Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse: „Wir bedauern zutiefst, dass wir diesen Schritt gehen und die beiden Messen absagen müssen. Solch eine schwere Entscheidung mussten wir in den letzten sieben Jahrzehnten der Leipziger Buchmesse noch nie treffen. Sie ist bitter für uns und für die gesamte Buchbranche. Ich danke allen Ausstellern, Partnern und Besuchern, die uns die Treue halten. Wir bitten sie jetzt um Verständnis und wir freuen uns, wenn wir uns zur nächsten Leipziger Buchmesse vom 18. bis 21. März 2021 wiedersehen.“
Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte: „Unser Ziel ist es, die sächsische Bevölkerung zu schützen und eine Ausbreitung des Coronavirus so weit wie möglich einzudämmen und zu bekämpfen. Dafür gilt es, konsequent, präventiv und verantwortungsbewusst zu handeln. Die Leipziger Buchmesse ist Treffpunkt für hunderttausende Menschen aus der ganzen Welt. Gesundheit und Sicherheit gehen in diesem Fall ganz klar vor.“
Die sächsische Gesundheitsministerin Petra Köpping sagte: „Die Absage der Buchmesse ist eine sehr traurige, aber richtige Entscheidung. Der Gesundheitsschutz der Bevölkerung geht vor. Die Entscheidung zeugt von großer Verantwortung für die Besucher, Autoren und Verleger, um vor der Ausbreitung des Coronavirus zu schützen. Auch wenn die Absage der Buchmesse sehr schmerzt, Leipzig ist und bleibt eine international bedeutsame Buchstadt. Ich hoffe sehr auf das Verständnis der Lesefreunde, die sich auf die Messe gefreut haben.“
Das Gesundheitsamt der Stadt Leipzig verweist auf die aktuelle Einschätzung des Robert-Koch-Instituts, das die Risikobewertung für die Weiterverbreitung des Coronavirus am 02.03.2020 von „gering bis mäßig“ auf „mäßig“ angehoben hat. Es handele sich um ein neuartiges Virus, dessen Eigenschaften noch erforscht werden müssen. Bisher ist bekannt, dass auch Menschen ohne Krankheitszeichen das Virus übertragen können. Das mache Präventionsmaßnahmen bei Großveranstaltungen sehr schwierig.
Absage bringt Kleinverlage in wirtschaftlich schwierige Lage
Stellungnahmen der betroffenen Verleger- und Übersetzerverbände (z. B. VdÜ) liegen noch nicht vor. Viele Aussteller dürften auf dem größten Teil der bereits angefallenen Kosten sitzenbleiben. Hinzu kommt der Umsatzausfall für entgangene Geschäfte.
In der Buchbranche wird nur selten das große Geld verdient und viele Akteure leben von der Hand in den Mund. Welche wirtschaftlichen Schwierigkeiten und finanziellen Verluste aus der Absage einer derart bedeutsamen Großveranstaltung resultieren, lässt sich noch nicht seriös abschätzen. In den Sozialen Medien wiesen einige Kleinverlage darauf hin, dass dies durchaus existenzbedrohende Folgen für sie haben könnte.
Weiterführender Link
- 2020-02-24: Alle übersetzungsrelevanten Veranstaltungen der Leipziger Buchmesse 2020 auf einen Blick
[Quelle: Leipziger Buchmesse.]