Bedürftige können vor Gericht Verfahrenskostenhilfe bzw. Prozesskostenhilfe beantragen. Erstreckt sich diese auch auf eventuell anfallende Kosten für Übersetzungen oder einen Dolmetscher?
Rechtsanwältin Nicole Rinau skizziert im folgenden Gastbeitrag die wichtigsten Punkte, die in solchen Fällen zu beachten sind.
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Hilfsbedürftigkeit muss vorliegen, Verfahren darf nicht aussichtslos sein
Oft vertreten wir ausländische Mandanten oder Mandanten mit Wohnsitz im Ausland in Gerichtsverfahren, welche einen Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe- bzw. Prozesskostenhilfe haben.
D. h. zum einen, dass sie finanziell im Sinne des Gesetzes hilfsbedürftig sind und zum anderen, dass die Vertretung im Verfahren nicht aussichtslos ist. Im Ehescheidungsverfahren gilt die letzte Bedingung immer, denn jeder Ehegatte hat im Scheidungsverfahren einen Anspruch auf anwaltliche Vertretung.
In welchen konkreten Fällen werden die Kosten für die mündliche oder schriftliche Sprachmittlung (Dolmetschen bzw. Übersetzen) vom Staat übernommen?
Dolmetschen: Betroffene müssen verstehen, was vor Gericht geschieht
Wird dem Mandanten Verfahrenskostenhilfe bewilligt, sind davon auch Auslagen wie zum Beispiel etwaige Dolmetscherkosten für die mündliche Übersetzung im Gerichtstermin umfasst.
Selbst dann, wenn ausländische Mandanten schon eine Weile in Deutschland leben und ganz gut Alltagsdeutsch sprechen, kann es für einen Gerichtstermin notwendig sein, dass in ihre Heimatssprache übersetzt wird. Der Mandant hat einen Anspruch darauf, alles zu verstehen, was vor Gericht passiert.
Übrigens: Bei der Vertretung von fremdsprachigen Mandanten im Strafverfahren wird bei Vorliegen der Voraussetzungen zur effektiven Verteidigung auch angeordnet, dass sich der Verteidiger für Gespräche mit dem Mandanten eines Dolmetschers bedienen darf.
Übersetzungen: Welche Kosten werden übernommen?
Hat man aber auch einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Übersetzung von Dokumenten?
Da heißt es, wie ein Jurist immer so schön meint, es kommt drauf an:
(1) Nicht übernommen werden reine Übersetzungen des Schriftverkehrs bei Gericht zum besseren Verständnis für den Mandanten (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 15.02.2002 – 15 WF 33/02).
(2) Übernahmefähig kann die schriftliche Übersetzung von ausländischen Schriftstücken sein, wenn damit eine sachgemäße Information der Beteiligten ermöglicht werden soll. Gemeint sind hiermit wohl vorrangig Urkunden und Unterlagen, die man zur Beweisführung etc. bei Gericht einreicht.
(3) Unter bestimmten Umständen müssen von der Landeskasse sogar die Kosten der Übersetzung von Belegen etc. für das Verfahrenskostenhilfeverfahren an sich übernommen werden (Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 17.10.2017, 10 AZB 22/15). Man muss nämlich zum Nachweis einer Hilfebedürftigkeit darlegen, wie hoch das Einkommen ist, wie hoch das Vermögen ist usw. Diese Dokumente liegen dann oft nur in der Muttersprache des Mandanten bzw. der Amtssprache des Landes vor, in dem er lebt.
Tipp: Vorab vergewissern, dass Auslagen tatsächlich übernommen werden
Bevor man aber kostenauslösende Maßnahmen einleitet, indem man einen Dolmetscher bestellt oder Übersetzungen in Auftrag gibt, sollte man sich unbedingt vorher versichern, dass die Landeskasse diese Auslagen auch tatsächlich übernimmt.
Eine formlose Anfrage zum Beispiel über den eigenen Anwalt an das Gericht reicht dazu aus.
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Kurzprofil Nicole Rinau
Rechtsanwältin Nicole Rinau ist Fachanwältin für Familienrecht und Sozialrecht in der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Bümlein. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Familien- und Sozialrecht und hier zurzeit insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten mit Thailand-Bezug.
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rs