Hochschule Landshut startet Projekt zur Gewinnung von Gebärdensprachdolmetschern

Hochschule Landshut, Gebärdensprachdolmetschen
Das Landshuter Forschungsteam (von links): Pia Räß und Christina Andreas (studentische Hilfskräfte), Jung-Woo Kim (fachpraktischer Mitarbeiter) und die Projekleiterinnen Prof. Dr. Uta Benner und Prof. Dr. Sabine Fries. - Bild: HS Landshut

An der Hochschule Landshut startet das neue Projekt „Sign Up“ zur Bewusstseinsbildung und Nachwuchsgewinnung für eine Ausbildung im Bereich Gebärdensprachdolmetschen, Übersetzen und Kommunikationshilfen für Menschen mit Hörbehinderung, einschließlich taubblinder Menschen.

Mangel an Gebärdensprachdolmetschern: nur 800 für 200.000 Betroffene

In Deutschland leben etwa 83 Millionen Menschen, von denen 200.000 die Deutsche Gebärdensprache (DGS) als Kommunikationsform nutzen. Davon sind ca. 83.000 gehörlos. Vergleichbar mit der Lautsprache für Hörende ist die Gebärdensprache für die gehörlose Bevölkerung laut dem Deutscher Gehörlosen-Bund e.V. eine eigenständige, vollwertige Sprache.

Allerdings stehen für sie derzeit nur etwa 800 ausgebildete Gebärdensprachdolmetscher bereit, die in der Kommunikation zwischen Hörenden und Gehörlosen zwischen Lautsprache und Gebärdensprache dolmetschen können. Der Bedarf ist um ein Vielfaches höher.

Anfang Wintersemester 2022/2023 startete deshalb an der Hochschule Landshut das Projekt „Sign Up“ unter Leitung von Prof. Dr. Sabine Fries und Prof. Dr. Uta Benner, um auf diese Problemlage aufmerksam zu machen und dem Mangel an Dolmetschern entgegenzuwirken.

Gebärdensprache nicht nur Hilfs-, sondern auch Muttersprache

Egal ob in der Schule, auf der Arbeit oder beim Arzt: Sowohl Hörende als auch Gehörlose kommunizieren jeden Tag in allen möglichen Bereichen und sind auf den Austausch mit anderen angewiesen. Was oft nicht verstanden wird: Für von Geburt an Taube ist die Gebärdensprache – und nicht die deutsche Sprache – die Muttersprache.

Die Vielfalt der Menschen innerhalb der Community verlangt zudem eine Vielfalt an Kommunikationszugängen. Das Projekt „Sign Up“ behandelt daher auch andere Kommunikationszugänge wie beispielsweise Taubblinden-Assistenzen.

Aufklärung, Bewusstseinsbildung, Werbung für Beruf Gebärdensprachdolmetscher

Ziel des Projekts ist es, durch Aufklärung, Bewusstseinsbildung und einer Marketingkampagne mehr Menschen zu erreichen, die ebenfalls einen Beitrag zur Reduktion des massiven Dolmetschermangels leisten möchten. Dadurch soll die Anzahl an Bewerbern für diesen Studiengang wieder erhöht werden.

Es wird gezielt auf die Vorteile und Inhalte, die der Beruf mit sich bringt, eingegangen. Dolmetscher für Gebärdensprache haben die einzigartige Möglichkeit, gehörlosen Personen einen adäquaten Zugang zu den verschiedenen Lebensbereichen zu schaffen.

Acht Hochschulen bieten Studiengänge im Gebärdensprachdolmetschen an

Die Projektleiterinnen Fries und Benner erläutern:

Auch 20 Jahre nach der Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache und über 10 Jahre nach der Ratifizierung der UN-BRK stoßen Menschen in Deutschland nach wie vor auf Kommunikationsbarrieren. Gerade im Bereich des Gebärdensprachdolmetschens gibt es ein Verfügbarkeitsproblem. Viele Aufträge können aufgrund des Fachkräftemangels nicht vergeben werden.

Damit der Dolmetschbedarf in Zukunft gedeckt werden kann, bieten deutschlandweit acht Hochschulen und Universitäten diese Berufsausbildung an.

Die Hochschule Landshut ist der einzige Studienort in Bayern, an dem Interessierte die Möglichkeit haben, einen qualifizierten Bachelor-Abschluss für den zukunftssicheren Beruf als Gebärdensprachdolmetscher zu erlangen. In Landshut kann man bereits auf eine langjährige Erfahrung in der Lehre mit einem breit aufgestellten Team an Muttersprachlern und Dolmetscherinnen zurückblicken.

Projekt auf zwei Jahre angelegt, Förderung durch Staatsministerium

Das Projekt „Sign Up“ läuft von Oktober 2022 bis September 2024. Ziel ist die Bewusstseinsbildung und Nachwuchsgewinnung für eine Ausbildung im Bereich Gebärdensprachdolmetschen, Übersetzen und Kommunikationshilfen für Menschen mit Hörbehinderung einschließlich taubblinder Menschen.

Die Projektleitung obliegt Prof. Dr. Sabine Fries und Prof. Dr. Uta Benner, den beiden Professorinnen im Studiengang Gebärdensprachdolmetschen (GSD) an der Hochschule Landshut.

Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales fördert das Projekt mit 90.000 Euro.

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Thomas Kolbinger (HS Landshut)