Außenministerium scheint schlechtes Englisch einer guten Verdolmetschung vorzuziehen

Annalena Baerbock
Annalena Baerbock bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags am 07.12.2021. - Bild: Sandro Halank, CC BY-SA 4.0

Guido Westerwelle hatte sich 2009 auf seiner ersten Pressekonferenz als Außenminister noch strikt geweigert, eine ihm auf Englisch gestellte Frage auch auf Englisch zu beantworten. Er war sich bewusst, dass er sich mit seinem Schulenglisch und ohne im Ausland geübte Sprachpraxis vor der internationalen Presse blamieren würde.

Annalena Baerbock, die grüne Außenministerin der Ampel-Koalition, macht es hingegen anders, wie auch Robin Alexander bemerkt. Der stellvertretende Chefredakteur der Welt und häufige Talkshow-Gast schreibt in einem Artikel mit der Überschrift „Wenn Baerbock und Pistorius auf Englisch Böcke schießen“:

Jetzt redet jeder Englisch, egal wie gut er es kann. Das hat interessante Folgen: So war das erste Interview von Bundeskanzler Scholz in Amerika klarer als diejenigen, die er vorher in Berlin gegeben hatte. Um beredt zu schweigen, muss man eine Sprache nämlich wirklich gut beherrschen.

Außenministerin Annalena Baerbock hingegen schießt auf Englisch regelmäßig Böcke: Ob sie sagt, ihr seien die Wähler egal¹ oder Europa führe Krieg mit Russland² – anschließend verbucht das Außenministerium alles als „Versprecher“.

¹ „No matter what my German voters think, but I want to deliver to the people of Ukraine.“ (Auf dem NGO Forum 2000 in Prag am 31.08.2022.)
² „We are fighting a war against Russia and not against each other.“ (Auf einer Sitzung des Europarats in Straßburg am 24.01.2023.)

Baerbock überraschte die Öffentlichkeit auf ihren ersten internationalen Begegnungen mit einem erstaunlich schlechten Englisch, das man allenfalls als Schulenglisch bezeichnen konnte. Ihre Aussprache war nicht besser als die von Westerwelle, obwohl sie doch einige Semester in England studiert haben will.

Man kann ihr zugutehalten, dass sie schnell zu lernen scheint. Ihre Eloquenz in der Fremdsprache hat sich im ersten Jahr ihrer Amtszeit deutlich verbessert.

Die grundsätzliche Frage lautet aber, ob es ratsam ist, auf höchster diplomatischer Ebene aus dem Stegreif in einer Fremdsprache radezubrechen. Früher war man sich einig, dass solche Situationen zu vermeiden sind. So berichtet Robin Alexander in seinem Artikel:

Als Angela Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert nach seiner Amtseinführung einmal Fragen in sehr gutem Französisch beantwortete, ermahnte ihn die Kanzlerin, künftig Deutsch zu sprechen: Wenn die Regierung sich äußere, müsse jede Nuance stimmen.

Inzwischen scheint sich das Außenministerium von dieser Maxime verabschiedet zu haben. Bei Schnellsprechern wie Baerbock, die einfach anfangen zu reden, ohne sich vorher überlegt zu haben, was sie sagen wollen, sind damit die nächsten Missverständnisse vorprogrammiert.

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Richard Schneider