Noch bis zum 30. Juni 2023 präsentiert der Musiker, Komponist und Produzent Nacho Cano in Madrid sein zweites Musical. Nach mehr als zehnjähriger Vorbereitung erzählt er in seinem ambitionierten Projekt die Geschichte der historischen Figur Malinche, der indigenen Dolmetscherin des spanischen Eroberers Hernán Cortés.
Das Stück bricht nach Angaben der Veranstalter auf allen visuellen Ebenen mit den Formen der traditionellen Darbietung, seien es Kostüme, Make-up, Beleuchtung, Bühnenbild, Choreographie oder Akrobatik.
Zu sehen ist es dienstags bis sonntags in täglich zwei Vorstellungen im „Espacio Malinche“ auf dem Gelände der IFEMA-Messe in Madrid. Karten sind ab 35 Euro zu haben.
Dramatische, bühnentaugliche Lebensgeschichte
Die Eroberung Mexikos durch die Spanier wird von der Geschichtsschreibung ebenso kontrovers diskutiert wie Malinche selbst.
Einige sehen in ihr eine starke, emanzipierte Frau. Andere betrachten sie hingegen als Verräterin, die mit ihrer Sprachmittlung maßgeblich zum Sieg von Cortés und damit zum Untergang der indigenen Kulturen auf dem Gebiet des heutigen Mexikos beigetragen hat.
Kann man diesen Zwiespalt in einem der Unterhaltung dienenden Musical darstellen? Allenfalls ansatzweise, denn ein Musiktheater ist kein Seminar zum Thema Kolonialismus, Rassismus und Völkermord.
Und so inszeniert Cano in erster Linie eine Liebesgeschichte zweier Menschen, die zunächst als Feinde aufeinandertrafen. Er überhöht dies dann zum Beginn einer wunderbaren Völker-Freundschaft zwischen Spanien und Mexiko. In einem für deutsche Touristen gedachten Text heißt es:
Ein Loblied auf die Begegnung zwischen zwei Völkern und ihren Kulturen rund um eine außergewöhnliche und wenig bekannte Frau, die sich zwischen zwei scheinbar gegensätzlichen Welten bewegt. Zwei Kulturen, kurz vor einem Konflikt, und eine daraus entstehende Liebe zwischen den Protagonisten, die die Vereinigung zwischen den heute verbrüderten Völkern – Mexiko und Spanien – vorwegnimmt.
Die Gestaltung der komplexen Kulissen für Malinche war die Aufgabe der renommierten Bühnenbildnerwerkstätten Molla und Herrador. Für das Bühnenbild ist Hansel Cereza verantwortlich, der zu den weltweit führenden Experten auf diesem Gebiet gehört.
Die Kostüme sind das Werk des internationalen Stylisten José Ventura und seines Teams, die über mehr als 20 Jahre Erfahrung verfügen. Sie arbeiteten bereits mit Künstlern wie Guy Laliberté, dem Gründer des Cirque du Soleil, zusammen.
Auch der Flamenco ist Bestandteil des Musicals, und zwar in Gestalt von Jesús Carmona, der mit dem Benois-Preis, dem Oscar der Tanzkunst, als bester Tänzer ausgezeichnet wurde. Zum Team gehört auch Olga Llorente, Gewinnerin des spanischen Tanzkunstpreises 2018.
Malinche Productions hat auf dem Messegelände eine der größten Bühnen Europas mit einer Länge von 29 Metern aufgebaut, zu der auch Wasserbecken und Wasserfälle gehören.
- 2022-08-02: „Celle qui parle“: Graphic Novel zur Geschichte von Malinche erschienen
- 2016-11-09: La Malinche und Gerónimo de Aguilar: Die Rolle der Dolmetscher bei der Eroberung des Aztekenreichs
- 2013-03-28: Zwischen Verständigung und Verrat: Malinche, Dolmetscherin und Geliebte von Hernán Cortés
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Richard Schneider