Am 30. September 2023 wurde in Baden-Baden zum 22. Mal der aus drei Einzelpreisen bestehende Kulturpreis Deutsche Sprache verliehen. Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim erhielt den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis. Der mit 5.000 Euro dotierte Initiativpreis wurde dem Deutschen Gymnasium Tallinn verliehen. Der undotierte Institutionenpreis ging an das Projekt Digitales Wörterbuch Deutsche Gebärdensprache (DW-DGS).
Der Kulturpreis Deutsche Sprache wird alljährlich von der Eberhard-Schöck-Stiftung (Baden-Baden) vergeben, in diesem Jahr erstmals gemeinsam mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (Darmstadt). Partner war zuvor der Verein Deutsche Sprache (VDS).
Deutsch war Lieblingsfach in Schule
Mehr als 250 Gäste erlebten im Kurhaus von Baden-Baden, wie Mai Thi Nguyen-Kim den Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache entgegennahm. „Ich freue mich wirklich riesig über die heutige Auszeichnung! Der Jacob-Grimm-Preis ist eine ganz besondere Ehre für mich, denn Sprache hat in meinem Leben immer eine besondere Rolle gespielt“, sagte die promovierte Chemikerin, Wissenschaftsjournalistin und YouTuberin in ihrer Dankesrede.
Schließlich sei Deutsch ihr Lieblingsfach in der Schule gewesen, nicht Chemie. „Mein Vater brachte Chemie ins Leben und so Leben in die Chemie“, erzählte sie von ihrer Kindheit. Das sei wichtig, denn es gehe ihr nicht nur darum, komplizierte Zusammenhänge einfach zu erklären, sondern auch immer um Einordnung und Konsequenzen, um Kontext.
In der Laudatio zeigte sich die Autorin, Schauspielerin und Regisseurin Adriana Altaras besonders von der Vielseitigkeit der Preisträgerin beeindruckt: „Mai Thi Nguyen-Kim holte mit den Penguin Tappers aus Hemsbach 2009 den Weltmeistertitel im Formationsstepptanz! Sie benutzt eben alles, Verstand und Körper, um sich auszudrücken.“
Sie spüre ihre Hingabe für die Welt der Forschung und ihren Wunsch, diese so zu vermitteln, dass ihre Zuhörer sie verstehen und ebenfalls lieben: „Die Sprache, die Du verwendest, ist präzise und klar. Und obwohl für ein junges Publikum, nie ordinär oder anbiedernd.“
Deutsches Gymnasium weckt in Estland Interesse an deutscher Sprache
Zuvor wurde der mit 5.000 Euro dotierte Initiativpreis Deutsche Sprache an das Deutsche Gymnasium Tallinn überreicht. „Das kleine Estland räumt der deutschen Sprache an dieser Schule einen prominenten Platz neben der estnischen Sprache ein. Aus deutscher Sicht kann man das nicht hoch genug schätzen“, hob Prof. Dr. Wolf Peter Klein, Sprecher der Jury des Kulturpreises, in seiner Laudatio die Tatsache hervor, dass es sich um ein estnisches Gymnasium handelt. „An diesem Ort des Lernens werden zwei Sprachen parallel geführt und können sich damit gegenseitig befruchten.“
Aus Tallinn war eine kleine Delegation zugegen, die den Preis dankend entgegennahm. Christian Ohler, der Leiter der deutschsprachigen Abteilung, lobte in seiner Rede vor allem seine Schüler: „Ich danke euch für euren Mut, die große Ausdauer und die Begeisterung, mit der ihr euch auf das Abenteuer deutsche Sprache an unserer Schule einlasst.“
Die mitgereisten Schülerinnen zeigten sich durch die Auszeichnung motiviert, „noch tiefer in diese wunderbare und oft auch eigenartige Sprache einzutauchen, die deutsche Literatur zu erkunden und durch die deutsche Geschichte, die eng mit der Geschichte unserer Heimat verbunden ist, zu wandern“.
Gebärdensprache keine Varietät des Deutschen, sondern unabhängige Sprache
Den undotierten Institutionenpreis Deutsche Sprache erhielt das „Digitale Wörterbuch Deutsche Gebärdensprache“ (DW-DGS), das als Projekt der Akademie der Wissenschaften in Hamburg am Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser an der Universität Hamburg angesiedelt ist.
Die Laudatio sprach Prof. Dr. Johannes Hennies, Professor für Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Er betonte, dass die DGS keine Varietät von gesprochenem und geschriebenem Deutsch, sondern eine unabhängige Sprache mit eigener Kulturgemeinschaft sei. „Dass dieses kulturelle Erbe nun in den Blick des Kulturpreises Deutsche Sprache genommen wird, hat auch über die Preisvergabe hinaus eine große gesellschaftliche Bedeutung“, sagte er.
Die DGS sei von der Gemeinschaft tauber Menschen gegen Widerstände über Jahrhunderte bewahrt, gepflegt und weitergegeben worden, habe aber lange nur wenig Akzeptanz in pädagogischen und wissenschaftlichen Institutionen gefunden. Hennies: „Das Projekt ‚Digitales Wörterbuch Deutsche Gebärdensprache‘ löst diese Probleme nun überzeugend und elegant.“
Lutz König und Gabriele Langer vom Institut für Deutsche Gebärdensprache an der Universität Hamburg freuten sich, dass durch die Verleihung des Preises die Deutsche Gebärdensprache und deren Sprachgemeinschaft für einen Augenblick in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt sei, denn: „DGS war über lange Zeit in den Schulen verboten und es war ein langer und schwieriger Weg, bis die DGS als eigenständige und vollwertige Sprache in Wissenschaft und Gesellschaft Anerkennung gefunden hat.“
Ihr besonderer Dank galt den 330 tauben Teilnehmern, die sich mit ihrer Sprache und ihren Geschichten in Vertretung ihrer Gebärdensprachgemeinschaft für das Projekt haben filmen lassen und damit ihre Sprache im Wörterbuch repräsentieren.
Über den Kulturpreis Deutsche Sprache
Der Kulturpreis Deutsche Sprache wird von der Eberhard-Schöck-Stiftung gemeinsam mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verliehen. Ausgezeichnet werden seit 2001 alljährlich Personen, Institutionen und Initiativen, die sich in besonderem Maße um die deutsche Sprache verdient gemacht haben.
- 2023-07-02: Kulturpreis Deutsche Sprache für Mai Thi Nguyen-Kim, Deutsches Gymnasium Tallinn, Digitales Wörterbuch Deutsche Gebärdensprache
- 2019-10-31: Kulturpreis Deutsche Sprache für Peter Eisenberg, Tonbandgerät und Kaukasische Post
PM Kulturpreis Deutsche Sprache