Angriff zum vierten Mal abgewehrt? Kein Gendern mit dem Rechtschreibrat?

Rat für deutsche Rechtschreibung
Seit Jahren muss der Rat für deutsche Rechtschreibung einen erheblichen Teil seiner Arbeit darauf verwenden, die Versuche zur Politisierung und Ideologisierung der Rechtschreibung abzuwehren. - Bild: Stux / Pixabay, UEPO

Sitzungen des Rats für deutsche Rechtschreibung sind verschwiegen wie ein Konklave zur Papstwahl. Anders als in Rom stieg aber bei dem Treffen am 15. Dezember 2023 in Mainz nicht einmal weißer Rauch auf. Und die offizielle Pressemitteilung ließ 24 Stunden auf sich warten.

Zuvor hatten die Rheinische Post und die Zeit aus Teilnehmerkreisen erfahren, dass der Rat zum vierten Mal die Einführung von Genderzeichen in die Rechtschreibregeln abgelehnt hat.

In einem mehrheitlich verabschiedeten Papier soll es unter anderem heißen:

Sonderzeichen innerhalb von Wörtern beeinträchtigen die Verständlichkeit, die Lesbarkeit, die Vorlesbarkeit und die automatische Übersetzbarkeit sowie die Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten.

Normalerweise geht der Rat noch am selben Tag mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit. Daraus wurde diesmal nichts, weil sich die Sitzung bis in die Abendstunden hinzog und zäh um jedes Wort gerungen wurde. Auch am Folgetag wurde die Öffentlichkeit lange im Unklaren gelassen.

Rat Endgegner für Genderisten

Der Rat gehört zu den wenigen Bastionen, die die Gender-Berfürworter noch nicht einnehmen konnten. Andere wichtige Institutionen wie der Duden und das Mannheimer Institut für deutsche Sprache (IDS) waren hingegen eine leichte Beute.

Besonders der Dudenverlag hat sich nach dem Verkauf an Cornelsen, der Abwicklung in Mannheim und dem verkleinerten Neuaufbau in Berlin zu einer Art Zentralverlag der religion of wokeness entwickelt und damit den größten Teil seines einst enormen Renommees verspielt.

Da der Rat für deutsche Rechtschreibung das wichtigste und letztlich entscheidende Gremium zur Regelung der Rechtschreibung im gesamten deutschen Sprachraum ist, stellt er für die Gender-Ideologen gewissermaßen den Endgegner dar.

Strategiewechsel

Nachdem sich die Gender-Befürworter jahrelang am Rat die Zähne ausgebissen haben, deutet sich seit Sommer 2023 ein Strategiewechsel an, mit dem der unbezwingbare Rat ausgetrickst werden könnte:

Neuerdings wird argumentiert, die Einführung von Genderzeichen sei keine Frage der Rechtschreibung, sondern lediglich der Typografie. Der Rat sei somit gar nicht zuständig und brauche sich nicht näher damit zu befassen. Es reiche, die Genderzeichen *, : und _ in die Gruppe der nicht zum Kernbestand gehörenden Sonderzeichen aufzunehmen (wie z. B. §, % und &).

Damit wären die Zeichen schon einmal in das Regelwerk eingeführt, wenn auch an untergeordneter Stelle. Später, wenn sich die Aufregung gelegt hat, könnte man dann in Ruhe Regeln dazu formulieren. Was die Gender-Befürworter als pragmatische Lösung präsentieren, ist für die Gender-Gegner im Rat ein Horrorszenario, das es zu verhindern gilt.

Die schriftliche Vorstellung der Sitzungsergebnisse wird jedenfalls mit Spannung erwartet und hoffentlich bald folgen.

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Richard Schneider