Deutscher Ärztetag fordert Übernahme der Sprachmittlungskosten und Dolmetschdienst

Deutscher Ärztetag 2024
Plenarsitzung des Deutschen Ärztetags 2024 in der Mainzer Rheingoldhalle. - Bild: Christian Glawe-Griebel (helliwood.com)

Der 128. Deutsche Ärztetag hat auf seiner Tagung in Mainz (07.-10. Mai 2024) zwei Beschlüsse zur Sprachmittlung im Gesundheitswesen gefasst.

  1. Die Ärzteschaft fordert den Gesetzgeber auf, die vor Jahren versprochene Regelung für die Abrechnung und Übernahme der Sprachmittlungskosten im Gesundheitswesen nun endlich einzuführen und das Sozialgesetzbuch V entsprechend zu erweitern.
  2. Zum anderen wird die Politik aufgefordert, für die Sprachmittlung bei der Versorgung nichtdeutschsprachiger Patienten in Krankenhäusern und Arztpraxen einen kostenfreien telefonischen Dolmetschdienst bereitzustellen.

Die Beschlüsse im Wortlaut:

Ärztetags-Drucksache Nr. Ic-81, Titel:

Finanzierung von Sprachvermittlerinnen und Sprachvermittlern jetzt!

Der 128. Deutsche Ärztetag 2024 fordert erneut den Vorstand der Bundesärztekammer auf, sich für die Übernahme der Kosten für Sprach- und Kulturvermittlerinnen und -vermittlern im Gesundheitswesen bei dem Gesetzgeber mit Nachdruck einzusetzen und eine diesbezügliche Erweiterung des SGB V zu fordern.

Begründung:

Wie im Koalitionsvertrag 2021 festgelegt, sollte im Laufe der Legislatur die Kostenübernahme von Sprachvermittlerinnen und -vermittler geregelt werden. Im November 2023 haben die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) und die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen (BKMO) die Regierungsparteien nochmals aufgefordert, die Finanzierung voranzutreiben.

Fakt ist: Wir Ärztinnen und Ärzte betreuen jeden Tag Patientinnen und Patienten, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Oft kann eine Verständigung nur mit Hilfe der Familie oder Kolleginnen und Kollegen aus der Ärzteschaft, Pflegefachkräften oder dem Servicepersonal erfolgen. Diese unprofessionelle Sprachvermittlung ist nicht nur für die übersetzende Person, sondern auch für das Behandlungsteam und die Patientinnen und Patienten eine Zumutung und erschwert die Diagnostik oder auch die entsprechende Behandlung. Daher ist eine zeitnahe Umsetzung der Finanzierung dringend notwendig.

(Angenommen mit 109 Ja-Stimmen, 46 Nein-Stimmen, 15 Enthaltungen.)

Deutscher Ärztetag 2024
Abstimmung auf dem Deutschen Ärztetag 2024 in Mainz. – Bild: Christian Glawe-Griebel (helliwood.com)

Ärztetags-Drucksache Nr. Ic-56, Titel:

Kostenfreie Bereitstellung von Sprachmittlungsangeboten in Krankenhäusern und Arztpraxen

Der 128. Deutsche Ärztetag 2024 fordert die Politik auf, für die Sprachmittlung bei der Versorgung nichtdeutschsprachiger Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern, den Arztpraxen und im Ärztlichen Bereitschaftsdienst einen kostenfrei telefonisch erreichbaren mehrsprachigen Übersetzungsdienst bereitzustellen, der außerdem medizinisch wie psychologisch versiert ist. Alternativ sollen die Mittel für die Anschaffung sprachlich wie datenschutzrechtlich geeigneter IT-Lösungen bereitgestellt werden.

Der den Krankenhäusern, Arztpraxen und dem Ärztlichen Bereitschaftsdienst bei der Versorgung nicht deutschsprachiger Patientinnen und Patienten entstehende zusätzliche zeitliche und sonstige Aufwand für die Verständigung muss in der Vergütung vollständig ersetzt werden.

Begründung:

Die Bundesrepublik Deutschland entwickelt sich mehr und mehr zu einem Einwanderungsland und ist Ziel multinationaler Flüchtlingsströme. Dies macht sich durch einen stetig steigenden Anteil der deutschen oder englischen Sprache nicht mächtiger Patientinnen und Patienten in den Praxen und Gesundheitseinrichtungen bemerkbar.

Häufig fehlt es bei solchen Patientinnen und Patienten an eigenständigen Lösungen der Sprachmittlung. Einzelne regionale Projekte, welche für Praxen bestimmter Fachrichtungen (z. B. Psychotherapie) eine kostenfreie mehrsprachige Sprachmittlung anbieten, sind bereits mit Erfolg erprobt worden.

Solche Angebote sollten ergänzend zu einer zu verbessernden Integration der Einwandernden kurzfristig flächendeckend und fachübergreifend verstetigt und ausgebaut werden. Außerdem muss der Mehraufwand kompensiert werden, der den Krankenhäusern und Arztpraxen durch die erschwerte und zeitaufwendigere Verständigung entsteht.

(Angenommen mit 103 Ja-Stimmen, 59 Nein-Stimmen, 14 Enthaltungen.)

Mehr zum Thema

Richard Schneider