Germersheimer Romanistik-Professor Peter Schunck im Alter von 95 Jahren verstorben

Peter Schunck
Frankreich-Kenner Peter Schunck begeisterte Generationen von Germersheimer Studenten für die französische Sprache. - Bild: Uni Mainz

Vierundzwanzig Jahre hat er in Germersheim gelehrt und alle, die zwischen 1972 und 1996 am heutigen Fachbereich Angewandte Sprach- und Kulturwissenschaft (FTSK) der Universität Mainz Französisch studiert haben, werden sich gerne an ihn erinnern. Denn der jetzt verstorbene Peter Schunck war ein Mensch und hatte Humor, was man nicht von allen Dozenten sagen kann.

Ich durfte 1988 in einem von ihm abgehaltenen Hauptseminar im Stufenhörsaal ein Referat halten, das mit sehr gut bewertet wurde. Noch Jahre später grüßte mich Professor Schunck, wenn ich ihm in Germersheim oder Speyer über den Weg lief.

Ich bildete mir damals ein, dass ich ihn mit meiner Seminararbeit so schwer beeindruckt haben musste, dass er sich noch lange an mich erinnern konnte. Inzwischen bin ich weit weniger eitel und glaube eher, dass es die Schunck wesenseigene Liebenswürdigkeit war, die ihn dazu brachte, einfach jeden freundlich zu grüßen, der ihm mit einem Lächeln auf dem Bürgersteig entgegenkam.

Von einer in Speyer lebenden ehemaligen Kommilitonin wurde mir berichtet, dass er auch sie jedesmal grüßte, obwohl sie nie bei ihm eine Vorlesung besucht, sondern lediglich bei anderer Gelegenheit mal ein paar Worte mit ihm gewechselt hatte. Schunck lebte seit 1980 in Speyer, das nur 15 Kilometer von Germersheim entfernt liegt.

Haupteingang FTSK Germersheim
Ein Vierteljahrhundert lang ging Peter Schunck hier ein und aus: Der Haupteingang der 1947 von der französischen Besatzungsmacht gegründeten „Staatlichen Dolmetscherhochschule“. Wenige Jahre später wurde sie als eigenständiger Fachbereich in die 100 Kilometer weiter nördlich gelegene Universität Mainz eingegliedert. – Bild: Richard Schneider

Auf der Website des FTSK Germersheim hat Prof. Dr. Michael Schreiber, der heute den Lehrstuhl Schuncks innehat, im Namen des Fachbereichs einen Nachruf auf den Verstorbenen veröffentlicht:

Wir trauern um Peter Schunck (1928-2024)

Mit großer Trauer teilen wir mit, dass Prof. Dr. Peter Schunck im Oktober 2024, kurz vor seinem 96. Geburtstag, verstorben ist.

Peter Schunck wurde 1928 in Merseburg geboren und besuchte dort das Gymnasium. Als Jugendlicher wurde er als Flakhelfer eingezogen. Viele Jahre später arbeitete er seine Erlebnisse aus den Kriegsjahren in seinem Buch „Davongekommen! Aus den angewandten Erinnerungen eines deutschen Pimpfes, Hitlerjungen, Luftwaffenhelfers und Arbeitsmanns der Jahre 1939-1945“ auf.

Nach dem Krieg erfolgte der Umzug nach Ludwigshafen, wo er 1948 das Abitur ablegte. Es folgten Studienjahre in Mainz, Paris und Heidelberg, die mit dem Staatsexamen in den Fächern Latein, Griechisch und Französisch abgeschlossen wurden. Auch die Promotion hatte noch einen altphilologischen Schwerpunkt: „Römisches Sterben. Studien zu Sterbeszenen in der kaiserzeitlichen Literatur, insbesondere bei Tacitus“ (1955). Danach erfolgte eine Umorientierung in Richtung der romanischen Literaturwissenschaft, die auch als Venia Legendi seiner Habilitation in Gießen (1970) firmiert.

1972 wurde Peter Schunck auf den Lehrstuhl für „Romanistik, Schwerpunkt Französische Sprache und Literatur sowie Italianistik“ in Germersheim berufen. Da es bis in die 1980er Jahre nur diese eine Professur für die Fächer Französisch und Italienisch gab und die Studierendenzahlen sehr hoch waren, blieb neben der Betreuung unzähliger Seminar- und Diplomarbeiten für die Forschung wenig Zeit: „ihm waren die Studierenden stets wichtiger als sein fachwissenschaftlicher Ruhm“ betonte der damalige Dekan Andreas Kelletat anlässlich der Abschiedsvorlesung von Peter Schunck im Jahre 1999.

Dass die Lehre ihm und den Studierenden trotz voller Hörsäle Freude bereitete, kann der Verfasser dieser Zeilen aus eigener Erfahrung bestätigen. Besonders spannend waren seine kenntnisreichen und anschaulichen Vorlesungen zur Geschichte Frankreichs, die später die Basis bildeten für die viel beachtete Monographie „Geschichte Frankreichs“ (1994, 2. Auflage 2004). Aber auch die Gegenwart wurde in der Lehre ausführlich berücksichtigt: Jedes Sommersemester bot er ein Seminar mit dem Titel „Apostrophes“ an, in der die Studierenden durch die gleichnamige Literatursendung von Bernard Pivot an Neuerscheinungen auf dem französischen Buchmarkt herangeführt wurden. Die praxisorientierte Durchführung des Seminars (jeweils zwei Studierende stellten eine Sendung und die darin besprochenen Bücher vor) erscheint auch mit dem Abstand mehrerer Jahrzehnte noch bemerkenswert modern.

Übersetzungswissenschaftliche Theorien interessierten Peter Schunck weniger, die Praxis der Literaturübersetzung umso mehr: So legte er in den 1990er Jahren Übersetzungen der „Persischen Briefe“ von Montesquieu und des Romans „Der große Meaulnes“ von Alain-Fournier vor, die beide mehrfach aufgelegt wurden.

Nach seiner Emeritierung im Jahr 1996 blieb mehr Zeit für wissenschaftliche Publikationen: 1998 erschien die über 700 Seiten starke Biographie „Charles de Gaulle. Ein Leben für Frankreichs Größe“. Parallel dazu betrieb Peter Schunck Recherchen zu den Gründungsjahren der Germersheimer Dolmetscher-Hochschule sowie der Verwaltungshochschule in Speyer, die ihren Niederschlag in mehreren Veröffentlichungen und Vorträgen fanden.

Für seine Forschungen zur Geschichte Frankreichs wurde Peter Schunck mit dem „Ordre des Palmes Académiques“ ausgezeichnet.

Der FTSK Germersheim dankt dem verstorbenen Kollegen und Lehrer für viele Jahre inspirierender Lehre und Forschung und die Verbundenheit zum Fachbereich über den Ruhestand hinaus.

Michael Schreiber

Peter Schunck zur Geschichte des FTSK
Im Ruhestand beschäftigte sich Schunck aus Anlass eines runden Jubiläums eingehend mit der Gründungsgeschichte des Fachbereichs und konnte in französischen Archiven bisher unbekannte Dokumente zutage fördern. – Bild: Richard Schneider
FTSK Germersheim, Stufenhörsaal
Der Stufenhörsaal am FTSK Germersheim. – Bild: Richard Schneider
FTSK Germersheim
Der Neubau des FTSK Germersheim. Im Hintergrund ist der Altbau zu erkennen, ein ehemaliges Kasernengebäude. – Bild: Richard Schneider

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Richard Schneider