Zum 25. Mal hat die Jury der Aktion „Österreichisches Wort des Jahres“ am Forschungszentrum Österreichisches Deutsch der Karl-Franzens-Universität in Graz das Wort, Unwort, Jugendwort, den Spruch und den Unspruch des Jahres gekürt.
Wort des Jahres 2024
1. Renaturierung
Eine Maßnahme, mit der die Rückführung vor allem von landwirtschaftlich oder industriell genutzten Flächen und Gewässern in einen naturnahen Zustand bezeichnet wird.
Zum Wort des Jahres wurde es durch das Abstimmungsergebnis. Es handelt sich dabei um ein politisch stark aufgeladenes Wort. Dies wurde ersichtlich durch den Umstand, dass die österreichische Umweltschutzministerin entscheidend dazu beigetragen hat, dass das Renaturierungsgesetz der EU verabschiedet wurde. Das führte seitens des Koalitionspartners zu Strafanzeigen und zur Behauptung, dass ein Verfassungsbruch vorliegen würde. Die ÖVP-Anzeige wurde von der WKStA allerdings zurückgelegt.
2. ChatGPT
Das KI-Programm ChatGPT hat mit seiner stark verbesserten 4. Version aufgrund seiner Anwendungsmöglichkeiten einen lawinenartigen Hype rund um die Künstliche Intelligenz ausgelöst. Es wurde von den Wählern an die zweite Stelle gereiht, was zeigt, dass diese Software innerhalb kurzer Zeit große Bekanntheit und Akzeptanz erreicht hat.
3. Swiftie
Bezeichnet einen Fan der amerikanischen Sängerin/Entertainerin Taylor Swift. Das Wort bezieht sich auch auf die ideellen Werte wie Freundschaft und Zusammenhalts. Ihre heurigen Konzerte in Wien mussten aufgrund eines Terroarlarms abgesagt werden, was große Bestürzung in der Fangemeinde zur Folge hatte und zum 3. Platz bei der Abstimmung zum Wort des Jahres beigetragen hat.
Unwort des Jahres 2024
1. Volkskanzler
Selbstbezeichnung Herbert Kickls für den Fall, dass er der nächste Bundeskanzler wird. Im Duden des Jahres 1941 ist unter „Volkskanzler“ zu lesen: „Bezeichnung für Hitler zum Ausdruck der Verbundenheit zwischen Volk und Führer“.
Zum Unwort des Jahres wird es durch den Rückgriff auf vergessen geglaubte Nazi-Terminologie, die Kickl quasi zum (neuen) Führer und die österreichische Bevölkerung zu seinem Volk stilisiert.
2. Talahon
Dieses Wort kommt aus dem Arabischen und hat eine Doppelbedeutung. Es ist eine Aufforderung mit der Bedeutung: „Komm mal her!“, die von jungen Männern drohend an junge Frauen gerichtet wird. Gleichzeitig ist es ein Schlagwort bzw. eine Selbstbeschreibung von meist jungen Männern arabischer Herkunft, deren Verhalten durch aggressives und frauenfeindliches Auftreten gekennzeichnet ist.
Zum Unwort wird es durch seine aggressive und frauenfeindliche Verwendungsweise.
3. Remigration
„Von Rechtsextremen propagierte Maßnahme, bei der sämtliche Nicht-Staatsbürger deportiert werden sollen. Dieses menschenverachtende Vorhaben macht das Wort zum Unwort par excellence“, schreibt die Jury.
Der Ausdruck wird vor allem von Martin Sellner propagiert, der Leitfigur der österreichischen Identitären Bewegung. Dessen jüngstes Buch trägt den Titel Remigration (siehe dazu auch 2024-01-15: Unwort des Jahres 2023: Remigration).
Jugendwort des Jahres 2024
1. heast
Dieses gesprächseinleitende Füllwort, das auch die Bedeutung einer Aufforderung mit vielen Bedeutungsnuancen haben kann, wurde von den Jugendlichen quasi reaktiviert. Es war im alltäglichen österreichischen Sprachgebrauch immer schon vorhanden, hat aber unter den Jugendlichen eine neue Aktualität erlangt, wobei damit das Universalwort „Oida“ (Alter) in manchen Zusammenhängen ersetzt wird. Es ist neuerdings vor allem im Großraum Wien in Gebrauch.
2. cooked
Ich bin cooked“ bzw. das englische Original „I’m cooked“ ist Gen Z Slang, der ungefähr so viel bedeutet wie „Ich kann nicht mehr“ oder „Ich bin total erschöpft“, „Ich bin in einer ausweglosen Situation“. Unter österreichischen Jugendlichen (Schülern) ist es vor allem in der letzteren Bedeutung in Gebrauch: „Wenn ich die Mathe-Aufgabe nicht lösen kann, bin ich cooked.“ (= bin ich erledigt).
Hinweis der Jury: „Cooked“ hat bei der Abstimmung lediglich den 3. Platz an Stimmen bekommen. Die Jury hat das Wort jedoch sprachlich interessanter gefunden und es wurde deshalb an die 2. Stelle gesetzt.
3. Aura
Wird verwendet, um eine besonders positive, charismatische Ausstrahlung zu beschreiben, die eine Person hat. Der so bezeichnete Mensch hat dann eine anziehende, bemerkenswerte Präsenz, die auf andere inspirierend oder beeindruckend wirkt. Allerdings gibt es neben der Plus-Aura auch die Minus-Aura, wenn jemand einen Misserfolg zu verzeichnen hat oder einfach ein von Grund auf übellauniger Mensch ist.
Spruch des Jahres 2024
1. „Lugner ist immörtal.“
Wortspiel in Reverenz zum bekannten Baumeister Richard Lugner, der 2024 verstorben ist. Lugners Spitzname war „Mörtel“, auf den er stolz war. Das Wortspiel bezieht sich sowohl auf seinen Spitznamen, als auch auf das englische Wort „immortal“ (deutsch: unsterblich).
Anmerkung: Die Jury wählte den zweigereihten Spruch als Spruch des Jahres aufgrund seiner besonderen sprachlichen Qualität.
Hinweis der Jury: Die Jury wählte den zweigereihten Spruch als Spruch des Jahres aufgrund seiner besonderen sprachlichen Qualität.
2. „Naturschutz ist kein Verbrechen.“
Reaktion von Umweltweltministerin Eleonore Gewessler auf den Vorwurf, dass sie mit der Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz einen Gesetzesbruch begangen habe.
3. „Das Schamgefühl muss die Seite wechseln.“
Die Aktion OeWort macht zu dem Zitat keinerlei Angaben. Es handelt sich um eine Aussage von Gisèle Pelicot, dem französischen Opfer einer Gruppenvergewaltigung: „Ich habe mich nicht zu schämen. Das Schamgefühl muss die Seite wechseln.“ Gemeint ist: Nicht die Opfer, sondern die Täter sollten sich schämen.
Unspruch des Jahres 2024
1. „Euer Wille geschehe“ (Herbert Kickl, Bundesparteiobmann der Freiheitlichen Partei Österreichs)
Abgewandeltes Zitat aus dem Gebet Vaterunser, das Herbert Kickl (FPÖ) im Wahlkampf verwendet und sich damit (unter Protest der katholischen Kirche) quasi eine religiöse Aura geschaffen hat.
Es ist die missbräuchliche Verwendung eines religiösen Textes für parteipolitische Zwecke, die ideelle Fortsetzung des Begriffs „Volkskanzler“ und gleichzeitig eine Anmaßung, indem ihm selbst Gottgleichheit unterstellt wird. All das macht den Wahlkampfslogan zum Unspruch des Jahres.
2. „Ob Prognosen stimmen, kann keiner vorhersehen.“ (Johanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau, Niederösterreich)
Reaktion der niederösterreichischen Landeshauptfrau auf den Vorwurf, sie und die Behörden hätten nicht hinreichend und rechtzeitig auf die katastrophalen Wetterprognosen reagiert, die die schweren Überschwemmungen in Niederösterreich vorausgesagt hatten.
Zum Unspruch wird diese Aussage, weil es sich einfach um eine Ausrede handelt, die gleichzeitig die korrekte Arbeit von Meteorologen in ein schlechtes Licht rückt.
3. „Das Schamgefühl muss die Seite wechseln.“
Die Aktion OeWort macht zu dem Zitat keinerlei Angaben. Es handelt sich um eine Aussage von Gisèle Pelicot, dem französischen Opfer einer Gruppenvergewaltigung: „Ich habe mich nicht zu schämen. Das Schamgefühl muss die Seite wechseln.“ Gemeint ist: Nicht die Opfer, sondern die Täter sollten sich schämen.
PM OeWort, red