Falsche Taste gedrückt: Frank Deja über seinen „Scheiß“-Zwischenruf bei Amtseinführung von Trump

Donald J. Trump
Donald Trump auf dem offiziellen Porträtfoto zur Amtseinführung 2025. - Bild: Daniel Torok / Weißes Haus

Branchen-Insidern war klar, wer der Dolmetscher war, der auf Phoenix am 20. Januar 2025 bei der Amtseinführung von Donald Trump ins offene Mikro gerufen hatte: „Sag mal, wie lange wollt ihr bei dem Scheiß bleiben?“ Die Frage war an die Regie gerichtet, aber für alle Fernsehzuschauer mehr als deutlich vernehmbar.

Derweil wurde auf X, dem früheren Twitter, noch gerätselt, wer denn der anonyme Sprachmittler gewesen sei. Denn der öffentlich-rechtliche Nachrichtenkanal Phoenix blendet die Namen der Dolmetscher grundsätzlich nicht ein.

Einen Tag nach dem Malheur unternahm der Kölner Konferenzdolmetscher Frank Deja das einzig Richtige und outete sich gegenüber der Nachrichten-Website ntv.de. Dort versuchte er zu erklären, wie es zu der Dolmetschpanne gekommen war:

Ich war überzeugt, ich hätte mich stumm geschaltet. Ich habe aber im Eifer des Gefechts die falsche Taste gedrückt.

Auf die Frage, ob sein Zwischenruf als politisches Statement verstanden werden könne, antwortete er:

Nein, das wäre ganz verfehlt. Die politischen Inhalte sind nicht das Problem. Ich dolmetsche ständig Leute, mit deren politischen Inhalten ich nicht einverstanden bin.

Wenige Absätze später sprach er aber davon, es sei eine „Herausforderung für die Psychohygiene“, Reden von Trump zu verdolmetschen.

„Hochgradig peinlich, sehr unangenehm“

Deja räumte ein, dass sein Verhalten gleich in zweifacher Hinsicht „unprofessionell“ gewesen sei:

Zum einen habe ich die falsche Taste gedrückt, das ist mir hochgradig peinlich. Zum anderen hätte man natürlich auch einfach in einem neutralen Ton fragen können „Wie lange macht ihr noch?“. Das mit so einer Wertung zu fragen, war einfach nicht gut. Das ist mir sehr unangenehm, auch dem Sender gegenüber.

Am selben Tag schilderte Deja die Panne auch noch gegenüber stern.de.

Phoenix: „Spiegelt nicht die Meinung des Senders wider“

Phoenix sah sich kurz nach dem Vorfall auf Anfrage von T-Online gezwungen, ein Statement zu dem Vorfall abzugeben:

Der Sender arbeitet bei internationalen Großereignissen üblicherweise mit erfahrenen freien Dolmetschern, so auch in diesem Fall. Die Kolleginnen und Kollegen müssen über Stunden hinweg auf einem sehr hohen Konzentrationslevel arbeiten und simultan übersetzen. Das passiert in der Regel, trotz des großen Drucks, fehlerfrei.

Aufgrund einer technischen Panne war heute die Kommunikation zwischen Dolmetscher und Regie hörbar. Sie spiegelt selbstverständlich nicht die Meinung des Senders wider.

Vorfall schlug hohe Wellen auf X und in etablierten Medien

Die Panne verbreitete sich schnell in den Sozialen Medien – vor allem auf X – und wurde dort kontrovers diskutiert. Die Kommentare reichten von belustigter Zustimmung und Verständnis à la „der spricht nur aus, was wir alle denken“ bis zu entgeistertem Kopfschütteln und dem Vorwurf, der Dolmetscher habe sich unprofessionell verhalten.

Wenig später griffen auch die Websites der etablierten Medien den Vorfall auf und lieferten Schlagzeilen am laufenden Band:

  • Focus: Phoenix-Dolmetscher lästert während Trump-Vereidigung – Sender reagiert
  • Tagesspiegel: „Wie lange wollt ihr bei dem Scheiß noch bleiben?“ Phoenix-Übersetzer vergisst bei Trump-Rede, dass sein Mikro noch an ist
  • SWR3: Fail bei Phoenix: Dolmetscher flippt bei Trump-Rede aus
  • Volksstimme: „Wie lange wollt Ihr bei dem Scheiß bleiben?“ – TV-Dolmetscher im Trump-Frust
  • Rheinische Post: Amtseinführung von Trump: TV-Tonpatzer bei Übersetzer – wie lange bei „dem Scheiß“ bleiben?
  • Berliner Morgenpost: Trump-Übersetzer platzt live im TV der Kragen: „Wie lange wollt ihr bei dem Scheiß bleiben?“
  • Bild: Übersetzer nach Trump-Rede: „Wie lange wollt ihr bei dem Scheiß bleiben?“
  • DerWesten.de (Funke Mediengruppe): Donald Trumps Amtseinführung im Live-Ticker: ÖRR-Übersetzer verliert die Nerven
  • Die Welt: „Wie lange wollt ihr bei dem Scheiß bleiben?“, fragt der Phoenix-Übersetzer mit offenem Mikro
  • Berliner Zeitung: Panne bei Phoenix: Gefühlsausbruch von Dolmetscher bei Trump-Einführung
  • Der Standard, Österreich: Wie lange bei „dem Scheiß“ bleiben? – TV-Patzer bei Trump-Angelobung

Deja bekannt dafür, dass er mit Trump nicht klarkommt

Schon 2016 hatte Deja eine mögliche Wahlentscheidung zugunsten von Trump gegenüber dem WDR als „schlimmsten aller denkbaren Fälle“ bezeichnet und getönt, er wolle alles, was er mit dem Trump-Dolmetschen verdiene, „für einen guten Zweck im Anti-Trump-Sinn spenden“.

Noch vor wenigen Monaten sagte er dem WDR: „Ich hoffe sehr, dass er nicht gewählt wird.“ Es sei beim Dolmetschen „sehr unangenehm, dass sein Geschwätz durch mein System läuft. Da fühlt man sich hinterher ein bisschen beschmutzt“.

Dolmetschanfragen kann man ablehnen oder an Kollegen weiterleiten

Warum dolmetscht jemand über Jahre hinweg immer wieder eine Person, die er offensichtlich abgrundtief hasst und mit der er emotional nicht klarkommt?

Dolmetschanfragen kann und sollte man in solchen Fällen ablehnen oder an Kollegen weiterleiten – statt durch solche Ausraster die ganze Berufsgruppe zu blamieren.

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Richard Schneider