In der nordafghanischen Provinzhauptstadt Kunduz ist ein ehemaliger Dolmetscher der Bundeswehr ermordet worden. Nach Angaben des Polizeisprechers Sayed Sarwar Hussaini wurde die Leiche von Dschawad Wafa am 24.11.2013 in seinem Auto in Kunduz-Stadt entdeckt. „Er wurde nicht erschossen, er wurde erwürgt.“
Nach Informationen des ARD-Studios Südasien stand Wafa auf der Liste der afghanischen Ortskräfte, denen die Bundesregierung wegen drohender Racheakte der Taliban die Einreise nach Deutschland erlaubt hat.
Ein anderer früherer Bundeswehrsprachmittler in Kunduz erklärte: „Wafa wurde wegen seiner Zusammenarbeit mit dem deutschen Militär mehrfach in Telefonanrufen von Unbekannten mit dem Tode bedroht. Sie warfen ihm Spionage vor. Er ging davon aus, dass die, die ihn bedrohten, Taliban waren, auch wenn sie das nicht kategorisch sagten.“
Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid konnte keine Angaben dazu machen, ob seine Leute für die Tat verantwortlich sind. Er erklärte: „Aber wir denken, dass all diejenigen, die den Invasionstruppen in irgendeiner Weise geholfen haben, getötet werden sollten.“
Ein Verwandter Wafas, der namentlich nicht genannt werden wollte, äußerte die Vermutung, der Mord könne auch auf einen persönlichen Streit ohne politischen Hintergrund zurückzuführen sein.
Die Bundeswehr hatte das Feldlager am 18.10.2013 geschlossen und war aus Kunduz abgezogen.
Der Einsatz der aus 50 Nationen gebildeten ISAF-Schutztruppe (International Security Assistance Force) läuft Ende 2014 aus. Danach soll nur noch ein kleines Kontingent zur Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte in Afghanistan verbleiben, an dem sich auch Deutschland mit bis zu 800 Soldaten beteiligen will. Derzeit sind noch knapp 3.500 Bundeswehrsoldaten im Land. Auf der Hochphase des Einsatzes waren es mehr als 5.000.
Nachtrag: Polizei nimmt zwei Verdächtige fest
Die afghanische Polizei konnte am 08.12.2013 zwei Männer – Sabihullah und Mohammed Sardar – unter Mordverdacht festnehmen. Eine Auswertung der Mobilfunkverbindungen des ermodeten Dolmetschers hatte ergeben, dass diese beiden mit ihm zuletzt Telefonkontakt hatten. Der Vater des Verdächtigen Sabihullah, Maulavi Roshan, ist nach Angaben der Polizei ein örtlicher Taliban-Kommandeur.
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[Text: Richard Schneider. Quelle: Spiegel Online, Neues Deutschland, Abendzeitung, 24.11.2013; taz, 2013-12-08. Bild: Faller/Bundeswehr, Bienert/Bundeswehr.]