Nordkorea: Dolmetscherin Shin Hye Yong wegen Übersetzungsfehler in Arbeitslager?

Shin Hye Yong als Dolmetscherin auf dem Trump-Kim-Gipfel in Vietnam.- Bildschirmfoto Nord-Koreanisches Zentralfernsehen

Nach Angaben der südkoreanischen Tageszeitung Chosun Ilbo ist Shin Hye Yong, eine Dolmetscherin des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un, verhaftet und in ein Lager gesteckt worden.

Sie soll im Februar 2019, beim zweiten amerikanisch-nordkoreanischen Gipfeltreffen in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi, ein neues Angebot Kim Jong-uns kurz vor dem ergebnislosen Ausgang der Gespräche nicht übersetzt haben. Damit habe sie die Autorität des Staatsführers untergraben.

Beim ersten Gipfeltreffen in Singapur war ein anderer Dolmetscher im Einsatz, nämlich Kim Ju Song.

Auch auf dem Weg zum gemeinsamen Arbeitsessen muss gedolmetscht werden. Im Vordergrund ist die amerikanische Dolmetscherin Dr. Yun-hyang Lee (62) zu sehen. Die beiden Damen saßen zwar mit am Tisch, für sie wurde aber nicht gedeckt. – Bildschirmfoto Nord-Koreanisches Zentralfernsehen

Die Dolmetscherin sei aber nicht das einzige Opfer der aktuellen Säuberungsaktion. Ein Funktionär der kommunistischen Partei, Kim Yong Chol, der mit US-Außenminister Mike Pompeo verhandelt hatte, befinde sich nun in einem Arbeits- und Umerziehungslager.

Am schlimmsten soll es den Sondergesandten Kim Hyok Chol getroffen haben. Dieser sei ebenso wie vier weitere hochrangige Beamte des Außenministeriums wegen Spionage für die USA bei der Rückkehr nach Pjöngjang noch auf dem Flughafen hingerichtet worden.

Shin Hye Yong
Shin Hye Yong (rechts) beim offiziellen Pressetermin. Ganz links ist ihre amerikanische Kollegin Dr. Yun-hyang Lee zu sehen, die auch schon beim ersten Gipfel in Singapur gedolmetscht hat. – Bildschirmfoto Nord-Koreanisches Zentralfernsehen

Wahrheitsgehalt fraglich

Die südkoreanische Zeitung Chosun Ilbo beruft sich auf anonyme Informanten, deren Angaben nicht überprüfbar sind. Ähnliche Berichte haben sich in der Vergangenheit teils bewahrheitet, teils als falsch herausgestellt. Mehrere von derselben Zeitung als liquidiert gemeldete Personen tauchten später quicklebendig an der Seite von Kim Jong-un wieder auf.

Die Nachrichtenagentur Reuters will zum aktuellen Fall aus Nordkorea eine Bestätigung für Bestrafungen und Einweisungen in Arbeitslager erhalten haben, nicht aber für Hinrichtungen.

Die nordkoreanische Parteizeitung Rodong Sinmun (Arbeiterzeitung) wettert derweil gegen konterrevolutionäre Elemente, „die nur so tun, als ob sie den Führer verehren“ und in Wirklichkeit „von etwas anderem träumen“. Diese Individuen würden dem „strengen Urteil der Revolution“ nicht entrinnen.

Dolmetscherin Shin Hye Yong
Shin Hye Yong ist bemüht, jede Aussage des „obersten Führers“ zu notieren. Trotzdem soll sie in Vietnam versäumt haben, ein Angebot Kims zu übersetzen. – Bildschirmfoto Nord-Koreanisches Zentralfernsehen

Der Sprint des Vietnamesisch-Dolmetschers

Für Belustigung in den Sozialen Medien sorgte beim selben Gipfel Kims Vietnamesisch-Dolmetscher, der sich bei der Ankunft in Hanoi beeilen musste, um für die Übersetzung der Begrüßungsfloskeln am Bahnhof zur Stelle zu sein.

Nachtrag 03.06.2019: Funktionär wieder aufgetaucht

Der nach dem südkoreanischen Zeitungsbericht in ein Arbeits- und Umerziehungslager verbannte Funktionär Kim Yong Chol ist inzwischen wieder aufgetaucht. Das nordkoreanische Staatsfernsehen zeigte ihn bei einem Konzertbesuch, nur fünf Sitze von Machthaber Kim Jong-un entfernt. Zumindest bei dieser Personalie scheint es sich also um eine Falschmeldung gehandelt zu haben.

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Richard Schneider
Quelle: Chosun Ilbo, 2019-05-31

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