Die vom ADÜ Nord angestoßene und von anderen Verbänden wie dem DVÜD aufgegriffene Briefaktion in Sachen JVEG-Novellierung zeitigt erste Reaktionen aus der Politik. Zwei der angeschriebenen Bundestagsabgeordneten haben per Briefpost Stellung genommen und ihre Unterstützung signalisiert.
Grüne wollen Änderungsantrag einbringen – Rahmenverträge streichen
Die Rechtsanwältin Katja Keul, Mitglied im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages und Sprecherin für Rechtspolitik bei Bündnis 90 / Die Grünen, versichert, man sei mit dem Anliegen der Übersetzer und Dolmetscher vertraut und hoffe, Unterstützung leisten zu können. Weiter schreibt sie (Hervorhebung von UEPO):
Auch wir sind überzeugt, dass es zur Grundlage eines rechtsstaatlichen Verfahrens gehört, die sprachlichen Barrieren für alle Beteiligten aus dem Weg zu räumen. […] Nur bei einer angemessenen Vergütung kann auch die Qualität entsprechender Dienstleistungen gesichert werden. Daher begrüßen wir grundsätzlich, dass die entsprechende Regelvergütung durch die aktuelle Initiative der Bundesregierung erhöht werden soll.
Die Bemühungen der Bundesregierung dürfen jedoch nicht dazu führen, dass die Verbesserung in der Regelvergütung einen höheren Anreiz der Umgehung durch die Nutzung von Rahmenverträgen schafft. Solche Rahmenverträge nach § 14 JVEG dürfen nicht länger als Druckmittel missbraucht werden, wie so häufig in der Praxis geschehen.
Aus diesem Grund wird die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Rechtsausschuss einen Änderungsantrag einbringen, der die ersatzlose Streichung der Regelung fordert. Zusätzlich werden wir im Rahmen der Beratungen mit Sachverständigen im Rechtsausschuss auf die Problematik hinweisen und uns für eine Nachbesserung einsetzen. Es ist nicht im Sinne der Rechtsstaatlichkeit, wenn solche herausragend wichtigen Tätigkeiten durch Justiz und Rechtspflege nicht angemessen vergütet werden. Wir hoffen, dass unsere Bemühungen eine positive Wirkung zeigen.
FDP: Erhöhung des Stundensatzes auf 90 Euro, Streichung der Rahmenverträge
Der frühere sächsische Justizminister und Rechtsanwalt Dr. Jürgen Martens ist Sprecher der FDP-Abgeordneten im Rechtsausschuss. Auch er reagiert mit Verständnis für die Anliegen der Gerichtsdolmetscher:
Lassen Sie mich Ihnen zunächst für Ihre Arbeit als Sprachmittler danken. Sie nehmen eine sehr wichtige Aufgabe für unsere Justiz und unsere Gesellschaft wahr.
Eine Reform der Vergütungsregelungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) halte ich für überfällig. Es ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar, dass Einsparungen der öffentlichen Hand zulasten von für die Justiz unabdingbaren Berufsgruppen gehen.
In Anbetracht der Tatsache, dass Rahmenverträge für Sprachmittler in der Praxis häufig Vergütungen vorsehen, die unter den in der Wirtschaft üblichen Vergütungen liegen, bedarf es hier einer Reform. Dies erkennt auch der Regierungsentwurf grundsätzlich an, wenn er eine Erhöhung der Regelvergütung auf 90,00 EUR (netto) vorsieht. Insofern wäre es konsequent, die bisherige Praxis der Rahmenverträge beizubehalten. Es braucht daher entweder eine Änderung der Praxis der Rahmenverträge oder die von Ihnen vorgeschlagene Streichung Ihrer Berufsgruppe aus § 14 JVEG.
Die Auswirkungen der beiden Alternativen werden wir im Rechtsausschuss unter Einbeziehung von Sachverständigen prüfen. Wichtig ist in jedem Fall, dass das Problem angegangen wird. Der Regierungsentwurf bedarf also noch weiterer Überarbeitung, die wir im Rechtsausschuss einfordern werden.
ADÜ Nord wertet Briefaktion als ersten Erfolg
Zwar ist mit diesen positiven Stellungnahmen in der Sache noch nichts erreicht, aber Vertreter des schwerpunktmäßig in Norddeutschland aktiven Verbandes freuen sich, dass ihre Aktion Wirkung zeigt.
So schreibt der Verbandsvorsitzende Jörg Schmidt auf Twitter: „Die Briefaktion ist bereits jetzt ein Erfolg, weil sie die Aufmerksamkeit der zuständigen Abgeordneten erregt hat.“
Rechtsausschuss hat 43 Mitglieder
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz spielt bei der Ausformulierung des Kostenrechtsänderungsgesetzes, mit dem auch das JVEG novelliert wird, eine entscheidende Rolle. Deshalb konzentrieren sich die Bemühungen der Verbände darauf, den Anliegen der Berufsgruppe vor diesem Gremium Gehör zu verschaffen.
Der Rechtsausschuss besteht aus 43 ordentlichen Mitgliedern. Davon gehören 15 der CDU/CSU an, 9 der SPD, 6 der AfD, 5 der FDP, 4 der Linken und 4 den Grünen.
- 2020-11-07: JVEG-Novellierung: ADÜ Nord startet Briefaktion für Abschaffung der Rahmenverträge
- 2019-03-24: JVEG-Novellierung: BDÜ fordert Streichung des Rahmenvertragsparagraphen
- 2019-03-15: JVEG-Novellierung: Bundesjustizministerium veröffentlicht Marktanalyse zur Vergütungspraxis
rs