Via della Vetreria: Italienisches Straßenschild in Düsseldorfer Glashüttenstraße angebracht

Düsseldorf, Via della Vetreria, Glashüttenstraße
Bild: UEPO.de

„Auf einmal war es da, das Zusatzschild an der Glashüttenstraße“, heißt es in der Düsseldorfer Lokalpresse. Ohne großes Tamtam, ohne Ankündigung, ohne Enthüllungszeremonie, ohne Pressemitteilung.

Zwar war der im Januar 2023 gefasste Beschluss zur Anbringung bekannt, aber allgemein wurde mit einer Umsetzung erst in einigen Monaten gerechnet.

Auf Nachfrage der überraschten Rheinischen Post erklärt die Bezirksbürgermeisterin Maria Icking (Bündnis 90 / Die Grünen) lediglich:

Wir möchten das neue italienische Straßenschild gerne im Sommer mit einer kleinen Feier einweihen. Das Schild ist ein schönes Signal an die italienische Community.

Der Schriftzug „Via della Vetreria“ prangt seit dem 21. März 2023 in der Glashüttenstraße Ecke Höherhofstraße im Stadtteil Gerresheim auf einem einzelnen Schild. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite oder am Ende der Straße wurden keine weiteren Schilder angebracht.

Reihenfolge nachträglich vertauscht

Das Italienisch-sprachige Schild war der Einfachheit halber zunächst oberhalb des regulären deutschen Schilds montiert worden, weil darunter wegen eines Verkehrsschilds kein Platz war.

Einige Tage später müssen die städtischen Bediensteten aber erneut angerückt sein, denn seit spätestens dem 29. März 2023 hängt das landessprachliche Schild oben und das italienische als untergeordnete Variante darunter.

Bei der Gelegenheit hat man das deutsche Schild gründlich gereinigt und wieder auf Hochglanz poliert. Es machte zuvor einen verstaubten und etwas heruntergekommenen Eindruck.

Glashüttenstraße, Via della Vetreria, Düsseldorf
Die Glashüttenstraße in Düsseldorf-Gerresheim ist jetzt zusätzlich als Via della Vetreria ausgeschildert. – Bild: Jürgen Herber für UEPO.de

Erstes italienisches Straßenschild in Deutschland?

Darüber, ob es sich um das erste italienische Straßenschild Deutschlands handelt, kann man streiten. Denn in Hamburg existiert seit dem 14. November 2017 eine „Piazzetta Ralph Giordano“, die auf dem Schild unsinnigerweise mit Bindestrichen geschrieben wird. Das Plätzchen erinnert an den 2014 verstorbenen Publizisten Ralph Giordano, der in Hamburg-Barmbek geboren wurde.

Schild erinnert an Gerresheimer Glashütte von Ferdinand Heye

In unmittelbarer Nähe der Glashüttenstraße bestand bis 2005 die 1864 von Ferdinand Heye gegründete Gerresheimer Glashütte. Das Werk gehörte zu den größten Glasherstellern der Welt und beschäftigte in seinen Glanzzeiten mehr als 8.000 Mitarbeiter, darunter auch viele Gastarbeiter aus Italien.

Heye galt schon im 19. Jahrhundert als vorbildlich engagierter Arbeitgeber, der seinen Beschäftigten zahlreiche Sozialleistungen gewährte, die ihrer Zeit weit voraus waren: 7,5-Stunden-Tag, Werkswohnungen, eigenes Versorgungswerk, eigenes Altersheim.

Meinungsverschiedenheiten in Stadtverwaltung

In dem oben erwähnten Zeitungsartikel wird auch über Unstimmigkeiten zwischen den verschiedenen Ebenen der Stadtverwaltung berichtet.

Katharina Kabata, stellvertretende Vorsitzende des Integrationsrats, erklärt, dass Vertreter der Stadt bei einer Sitzung des Integrationsrats im Januar grundsätzlich von der Anbringung fremdsprachiger Schilder abgeraten haben. Zunächst seien weitere Prüfungen notwendig, außerdem müsse man Kriterien festlegen, nach denen die Straßen ausgesucht werden sollen, habe es damals geheißen.

Die Enthüllung des arabisch beschrifteten Schilds in der Ellerstraße am 16. März 2023 sei deshalb für die Mitglieder des Integrationsrats überraschend gekommen. Sie selbst, so Kabata, habe nur aus den Medien davon erfahren.

Fixe Idee der Grünen?

Nach dem PR-Erfolg der im Dezember 2021 von der Öffentlichkeit noch einhellig begrüßten japanischen Straßenschilder hatten die Grünen über den Integrationsrat den Vorschlag an die Stadt herangetragen, in jedem der zehn Stadtbezirke ein fremdsprachiges Schild anzubringen.

Ungeachtet der ablehnenden Haltung der übergeordneten Verwaltungsebene wurden dann von Bezirksbürgermeistern der Grünen weitere Schilder installiert: die zwei arabischen in der Ellerstraße von Dietmar Wolf und das italienische in der Glashüttenstraße von Maria Icking. Auch für die vier japanischen Schilder in der Immermannstraße war im Dezember 2021 eine grüne Bezirksbürgermeisterin zuständig, nämlich Annette Klinke.

Eigentlich müsste die Hälfte der Stadtteile türkische Schilder erhalten

Über die Bedenken und Gegenargumente der Stadtverwaltung hatte die Rheinische Post bereits am 26. Januar 2023 berichtet:

Nach Einschätzung der Verwaltung wurde empfohlen, dieses Thema nicht weiter zu verfolgen. Der Grund: die hohe Sensibilität und das Risiko einer Stigmatisierung der Stadtteile. Mit den Straßenschildern sei es nicht möglich, die Vielfalt vollständig abzubilden. Deshalb bestehe die Gefahr, dass sich viele Nationen und Gruppen ausgeschlossen fühlen würden, hieß es von Seiten der Stadt im Integrationsrat. Eine faire Auswahl sei deshalb nicht möglich.

Im Beschluss sei als Auswahlkriterium vorgeschlagen worden, sich an der größten Einwanderungsgruppe des jeweiligen Stadtteiles oder Bezirkes zu orientieren. Das würde bei der Hälfte der Bezirke ein türkisches Schild bedeuten, heißt es in der Vorlage. Sich an der zweit- oder drittgrößten Gruppe zu orientieren, stelle die gleichen Probleme dar. „Sollte ein Bezirk oder Stadtteil durch ein Straßenschild in der jeweiligen Sprache zukünftig in erster Linie mit dieser einen Kultur oder Nationalität assoziiert werden, dann birgt das die Gefahr der Förderung der Segregation“, heißt es weiter.

Dass die Befürchtungen der Stadtverwaltung durchaus begründet waren, zeigt das Desaster um die überhastete und medial nicht ausreichend vorbereitete Enthüllung der beiden arabischen Straßenschilder in der Ellerstraße.

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Richard Schneider