Die Verbände Drama Panorama (Forum für Übersetzung und Theater) und VTheA (Verband der Theaterautor:innen) appellieren in einem Offenen Brief an die Verantwortlichen der Theaterbühnen, bei Aufführungen nicht nur die Schauspieler, Regisseure, Bühnenbildner usw. zu nennen, sondern auch die Übersetzer.
In einem Gespräch mit Nachtkritik.de erklären die Verfasser des Briefs:
Der aktuelle Anlass war eine Theaterkritik, bei der uns auffiel, dass die Übersetzenden in diesem Medium systematisch nicht genannt werden. Wir haben uns daraufhin unter den Mitgliedern unserer beider Organisationen ausgetauscht und festgestellt: Das ist ein kontinuierliches Ärgernis und hängt mit der Wertschätzung von geformter Sprache, also auch dem Beitrag von Autor:innen zusammen. Diese Wertschätzung wird wichtiger in dem Maße, in dem sogenannte KI das Feld betritt.
Nachfolgend der Offene Brief im Wortlaut:
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Offener Brief zur Nennung von Theaterübersetzenden
Drama Panorama: Forum für Übersetzung und Theater e. V. und der Verband der Theaterautor:innen (VTheA) verfolgen in vielen Bereichen gemeinsame Interessen. Dabei spielt die Sichtbarmachung der Urheber*innen sowie ihrer für die Theaterarbeit maßgeblichen kreativen Arbeitsprozesse eine herausragende Rolle.
Was im Theater an Sprache das Publikum erreicht, ist zum größten Teil das Werk von Theaterautor*innen und Übersetzer*innen. Ob original oder aus anderen Sprachen übersetzt, ob aus Schauspieler*innenmund oder in Übertiteln – Theatertexte geben Inhalten meist ihre Form, ja sind selbst Vehikel für diese Inhalte.
Leider werden bei Textmaterialen zu und Besprechungen von Produktionen übersetzter Stücke nach wie vor oft die Übersetzer*innen nicht genannt. Dass diese wesentlichen kreativen Prozesse und ihre Akteur*innen dem Publikum transparent gemacht werden, ist eine Frage der Information und auch des Respekts nicht nur den Kreativen, sondern auch dem Publikum gegenüber. Wessen Text hört es? Wer hat die Worte verfasst, die es erlebt, die der Inszenierung ihr Rückgrat geben und eine zentrale Chiffre im theatralen Zeichensystem darstellen? Ist es sich bewusst, dass es sich gegebenenfalls um eine Übersetzung handelt? In ihrem Artikel zu Übersetzungskritik schreibt Anna Opel:
Theater ist Ort der literarischen Sprache, Theaterstücke sind Arbeit an und mit der Sprache. […] Im Theaterstück macht die gesprochene Sprache die Gesamtheit des Textes aus. Anders gesagt: die Figuren sind Sprache, sie bestehen aus ihr.
(https://theateruebersetzen.de/theater-ubersetzung/ins-deutsche/praxis#artikel-uumlbersetzung-und-kritik)
Bei Festivals oder Gastspielen, selbst bei regulären Repertoireproduktionen fehlen jedoch oft die angemessenen Angaben zu Übersetzer*innen und Übertitler*innen der jeweiligen Stücke und müssen durch diese erst angemahnt werden. Auch Dramaturgien sind sich mitunter der Auslassung auf Websites, Besetzungszetteln u. Ä. nicht bewusst. In Besprechungen von Stücken und Inszenierungen in Fachzeitschriften, Zeitungen und anderen Medien fehlen die Hinweise auf die Übersetzer*innen allzu oft ganz.
Es sollte zukünftig gute Praxis sein, nicht nur die Autor*innen, Regisseur*innen, Schauspieler*innen und weiteren beteiligten Gewerke, sondern auch die Übersetzer*innen zu nennen. Gemeinsam fordern unsere beiden Organisationen die Theater und Festivalorganisationen sowie die Redaktionen von Fachzeitschriften, Zeitungen und anderen Medien freundlich auf, diesen Missstand nachhaltig zu beheben.
Drama Panorama: Forum für Übersetzung und Theater e. V.
und
Verband der Theaterautor:innen (VTheA)
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red