Die Gamescom 2024, Pflichtveranstaltung für Lokalisierungs-Dienstleister von Spielesoftware, ist offiziell eröffnet. Im Rahmen der so genannten „politischen Eröffnung“ am Mittwochabend fiel im Beisein zahlreicher Ehrengäste der Startschuss der weltgrößten Messe für die Produzenten und Konsumenten von Computer- und Konsolenspielen.
Robert Habeck, Vizekanzler und Wirtschaftsminister, Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, sowie Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln und Vorsitzende des Aufsichtsrats der Koelnmesse, begrüßten in ihren Ansprachen die Vertreter der Branche und wiesen auf die große Strahlkraft der Messe hin. Auch die Bedeutung der Gaming-Branche für den Wirtschaftsstandort Deutschland wurde herausgestellt.
Förderung neu strukturieren, erhöhen und verstetigen
Die Eröffnungsredner bemängelten die Standortbedingungen für die Games-Entwicklung in Deutschland. Die Branche wünscht sich eine stärkere finanzielle Förderung, da Deutschland im internationalen Vergleich recht wenig Fördermittel vergibt.
Wirtschaftsminister Habeck rief deshalb zu einer „Aufholjagd“ auf. Für sein Versprechen, die Fördermittel für die Gaming-Branche zu erhöhen, erhielt er Applaus. Letztes Jahr habe nur er diese Haltung im Kabinett vertreten, jetzt sei das immerhin die Position der gesamten Bundesregierung.
50 Mio. Euro pro Jahr reichen für die Milliardenbranche nicht aus
Die Förderung der Gaming-Branche beläuft sich bei einem Gesamtumsatz von 9,97 Mrd. Euro zurzeit auf 50 Mio. Euro. Habeck auf der Gamescom: „Reicht das? Ich würde sagen: Nein.“ Aber: „Immerhin konnten wir die Gelder halten.“ Während andere Programme zusammengestrichen worden seien.
Weg von der Fondsförderung, hin zur steuerlichen Förderung
Eine Neustrukturierung der staatlichen Unterstützung sei in Arbeit. Diese werde künftig nicht mehr als fixes Budget in einem Fonds zur Verfügung gestellt, sondern sei als dann steuerliche Förderung theoretisch unbegrenzt:
Mit einer neuen Förderrichtlinie werden wir die Entwicklerinnen und Entwickler in Deutschland noch zielgenauer unterstützen und damit den Produktionsstandort Deutschland für die Games-Branche stärken. […]
Games sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor mit hoher Innovationskraft und Kreativität. Das Bundeswirtschaftsministerium engagiert sich daher weiterhin stark für die deutsche Games-Branche.
Neuer Rekord bei Ausstellerzahlen
Mit 1.462 Ausstellern aus 64 Ländern startet die gamescom in diesem Jahr mit einem neuen Rekord. Im Vorjahr waren es 1.227. Die Messe behauptet in einer Pressemitteilung, das dies einem Anstieg von „rund 15 Prozent“ entspreche. Tatsächlich nahm die Zahl der Aussteller jedoch um 19,15 Prozent zu.
Auch die Zahl der Länderpavillons steigt mit 48 aus 37 Ländern nochmals deutlich – ebenfalls ein neuer Rekord (2023: 33 aus 26 Ländern). Die Ausstellungsfläche entspricht mit 230.000 Quadratmetern, verteilt auf 10 Messehallen, dem Vorjahresstand.
Hendrik Wüst: „Nordrhein-Westfalen Games-Land Nummer 1“
Hendrik Wüst, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, verkündete nicht ohne Stolz, dass das bevölkerungsreichste Bundesland eine „starke Heimat der Spielebranche und Games-Land Nummer 1“ sei:
Videospiele sichern zahlreiche Arbeitsplätze in einer florierenden Branche und bieten Millionen von Menschen Unterhaltung. Und: Sie fördern Kreativität und logisches Denken, bringen Menschen über Ländergrenzen hinweg zusammen und setzen zum Beispiel mit Lehr- und Lernanwendungen auch in Schule, Medizin oder beim Sprachenlernen wichtige Akzente.
Die Landesregierung unterstützt die Games-Unternehmen im Land auch in diesem Jahr mit bis zu 3,5 Millionen Euro. Auch die Bundesregierung muss endlich nachziehen und eine zuverlässige Förderung gewährleisten.
Felix Falk, Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche, erklärte als Mitveranstalter der Gamescom:
Die gamescom macht in diesem Jahr einmal mehr die Kraft und das Potenzial der Games-Branche überaus deutlich. Das wird von den politischen Gästen aller Parteien hoch anerkannt und doch braucht es seitens der Bundesregierung größere Schritte und mehr Geschwindigkeit, um die notwendigen Maßnahmen auch wirklich einzuleiten und umzusetzen.
Nur mit verlässlichen, international vergleichbaren und wettbewerbsfähigen Bedingungen für Games-Unternehmen haben wir eine echte Chance auf dem weltweiten Games-Markt.
Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln und Vorsitzende des Aufsichtsrats der Koelnmesse, ergänzte:
Die Stadt Köln hat sich als wichtiger Standort der Games-Branche und als festes Zuhause der Gamescom etabliert. Mit über 1.600 Fachkräften, die hier in der Games-Industrie tätig sind, und einem starken Netzwerk aus Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Bildungsträgern, schaffen wir ideale Bedingungen für Innovation und Wachstum.
Dabei verbindet Gaming Menschen aus der ganzen Welt. Diese besondere Verbindung und Atmosphäre spüren wir während der Gamescom in der ganzen Stadt.
Opening Night Live
Bereits am Dienstagabend fand die traditionelle Eröffnungsshow Opening Night Live (ONL) statt. Diesmal mit einer verdoppelten Zuschauerzahl von 5.000 in Halle 8.
Die unterhaltsame Vorstellung neuer Spiele und die Gespräche mit Branchengrößen auf der Bühne wurde wie immer von dem Kanadier Geoff Keighley moderiert, der das Format entwickelt hat. In diesem Jahr wurde ihm die E-Sport-Moderatorin Eefje Depoortere als Co-Gastgeberin zur Seite gestellt.
Im Vorjahr wurden der Stream und die Aufzeichnung im Netz 180 Millionen Mal aufgerufen.
Devcom Developer Conference mit sensationeller Bilanz
Am Montag und Dienstag der Gamescom-Woche fand die Devcom Developer Conference erstmals im neuen Confex-Tagungszentrum statt – mit einem mehr als ordentlichen Ergebnis:
Die Zahl der Teilnehmer stieg im Vergleich zum Vorjahr auf 5.000 (+45 %). 350 Referenten (+100) vermittelten den Entwicklern von Computerspielen in 210 Einzelveranstaltungen auf 18 Bühnen Anregungen und neue Erkenntnisse.
Auch der Gamescom Congress, Europas führende Konferenz rund um das Potenzial von Computerspielen, wird am Donnerstag unter diesem neuen Dach ausgerichtet.
Das Confex ist nach Ansicht der Bauherren das modernste Event- und Kongresszentrum Europas. Es bietet mehr Platz für die Gamescom-Konferenzen und besitzt eine direkte Anbindung an die Messehallen.
Weltweit größte Business-Plattform der Games-Branche
Die Gamescom bleibt weiterhin die weltgrößte Veranstaltung rund um Computer- und Videospiele und Europas größte geschäftliche Plattform für die Spiele-Branche. Sie wird gemeinsam von der Koelnmesse und dem Verband der deutschen Games-Branche (game) veranstaltet.
Gamescom-Bilanz 2024
Nachtrag 25.08.2024: Wie die Gamescom in ihrer Abschluss-Pressemitteilung bekannt gab, zählte die Messe in diesem Jahr 335.000 Besucher aus 120 Ländern, davon 32.000 Fachbesucher. Das ist ein guter Wert, aber kein Rekord, denn vor Corona in den Jahren 2015 bis 2019 lagen die Besucherzahlen schon darüber (2019: 373.000).
Ein neuer Rekord konnte 2024 aber bei den Ausstellern aufgestellt werden: Insgesamt 1.462 Aussteller reisten aus 64 verschiedenen Ländern an, das sind 235 mehr als im Vorjahr, ein Anstieg um 19,15 Prozent. Damit setzt sich nach den zwei Jahren Corona-Pause der Aufwärtstrend weiter fort.
Der Auslandsanteil unter den Ausstellern belief sich 71 Prozent, was die internationale Bedeutung und Ausstrahlung dieser sehr speziellen Messe unterstreicht.
Mit 150 Referenten, 70 Programmpunkten, 8 Bühnen und mehr als 900 Teilnehmern hat auch der eintägige Gamescom Congress am Donnerstag neue Rekordmarken gesetzt. Er fand – wie schon die Devcom – erstmals im neuen Tagungszentrum Confex statt, das der Messe angegliedert ist.
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Richard Schneider