Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis geht 2025 an Tanja Handels

Tanja Handels
Tanja Handels - Bild: Anja Kapunkt

Der alle zwei Jahre vergebene „Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis“ wurde 2025 für die herausragende Übersetzung eines historischen Romans ausgeschrieben. Wie die Jury soeben bekannt gab, geht die Auszeichnung in diesem Jahr an Tanja Handels für ihre Übertragung des 2023 im englischen Original erschienenen Romans The Fraud der britischen Autorin Zadie Smith, der um das Jahr 1870 herum spielt. Er trägt im Deutschen den Titel Betrug.

Jury: Übersetzerin „zeigt sich auf der Höhe ihrer Kunst“

Die diesjährige Jury bestand aus den Literaturübersetzerinnen Eva Bonné, Kristina Kallert und Elena Kritzokat sowie den Literaturwissenschaftlerinnen Claudia Kramatschek und Jutta Heinz. Das Gremium begründet die Entscheidung zugunsten von Handels wie folgt:

Mit Betrug legt Zadie Smith einen historischen Roman vor, der ausgehend von einer historischen Begebenheit, dem sogenannten Tichborne-Fall, einem der aufsehenerregendsten britischen Gerichtsprozesse, ein dichtes Textgewebe aus authentischen Figuren und Ereignissen erschafft und durch fiktionale Stränge und Stimmen angereichert ist. Die Autorin entfaltet darin ein nuancenreiches Panorama Großbritanniens im ausgehenden 19. Jahrhundert.

Tanja Handels Übersetzung ist äußerst raffiniert und nuancenreich. Dem vielfältigen Figurenpersonal des Romans, das zugleich unterschiedliche soziale Schichten abbildet, verleiht sie eine je eigene Stimme und ein je eigenes Sprachregister.

Die Übersetzung glänzt durch einen durchgehend prägnanten Ton, der so griffig wie wendig ist und auf jeder Seite durch frische Bilder und die farbenreiche Gestaltung der sprachlichen Mittel besticht. So fängt sie den Spagat des Originals zwischen historisch markierter und zeitloser Sprache ein und wagt doch eigenständige Entscheidungen. Dem viktorianischen Zeitalter verleiht sie treffsicher Farbe, dem englischen Humor eine gewitzte Stimme.

Die komplexen Ausführungen der so klugen wie sprachverliebten Erzählfigur Eliza Touchet überträgt sie in ebenso rhythmische wie schillernde Satzgebilde. Bis zum Schluss des umfangreichen Romans verliert die Übersetzung dabei nichts an ihrer Spannkraft. Hier schöpft eine Übersetzerin aus ihrem schier unerschöpflichen sprachlichen Fundus und zeigt sich auf der Höhe ihrer Kunst.

Zadie Smith, The Fraud, Betrug

Handels ausgewiesene Zadie-Smith-Expertin

Tanja Handels hat schon mehrere andere Werke von Zadie Smith übersetzt. Sie wurde in Aachen geboren und lebt schon seit längerer Zeit in München, wo sie sich als 1. Vorsitzende des Münchner Übersetzer-Forums engagiert.

Ihren Studien der Anglistik, Komparatistik und Theaterwissenschaft in Aachen, Köln, Birmingham und München verlieh sie mit dem Aufbaustudiengang Literarisches Übersetzen an der LMU München einen krönenden Abschluss.

Preisübergabe im Herbst in Biberach

Die mit 15.000 Euro hoch dotierte Auszeichnung, finanziert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, wird vom Freundeskreis zur Förderung literarischer und wissenschaftlicher Übersetzungen e. V. verliehen.

Die Preisvergabe erfolgt im Herbst in Biberach an der Riß und wird von der Christoph-Martin-Wieland-Stiftung organisiert.

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