Kleinunternehmerregelung: Schwellenwert erhöht sich 2020 von 17.500 auf 22.000 Euro

Umsatz, Lupe
Bei Jahresumsätzen unter 22.000 Euro kann man als Kleinunternehmer auf die Berechnung von Mehrwertsteuer verzichten. - Bild: Gerd Altmann / Pixabay

Ab dem 1. Januar 2020 gilt in der deutschen Steuergesetzgebung (§ 19 UStG) ein neuer Schwellenwert für die Kleinunternehmerregelung. Dieser wird für das Vorjahr von bisher 17.500 Euro auf 22.000 Euro Jahresumsatz angehoben. Der Schwellenwert für die Umsatzprognose des laufenden Jahres bleibt unverändert bei 50.000 Euro.

Da sich die Umsatzgrenze jeweils auf das Vorjahr bezieht, dürfen Kleinunternehmer bereits 2019 einen Umsatz von bis zu 22.000 Euro erzielen, ohne umsatzsteuerpflichtig zu werden.

Die Änderung ist Teil des „Dritten Gesetzes zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie“ (kurz Bürokratieentlastungsgesetz, BEG III) vom 22. November 2019. Unter anderem der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) hatte seit Langem die Anhebung der Umsatzgrenze gefordert. Laut Gesetzesbegründung könnten dadurch 68.400 Steuerpflichtige zusätzlich erstmalig von der Kleinunternehmerregelung profitieren.

Ab 2020 kann die Kleinunternehmerregelung also von allen Selbstständigen in Anspruch genommen werden,

  • die im Vorjahr einen Gesamtumsatz (inklusive MwSt.) von nicht mehr als 22.000 Euro erzielt haben (entspricht 1.833 Euro pro Monat).
  • und die im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro erwirtschaften (entspricht 4.166 Euro pro Monat).

Wichtig ist, dass beide Grenzen eingehalten werden. Wird eine überschritten, ist die Nutzung der Kleinunternehmerregelung nicht möglich.

Für wen ist die Kleinunternehmerregelung sinnvoll?

Die Kleinunternehmerregelung ist kein Zwang, sondern eine Option. Sie erspart denjenigen, die sie nutzen, den bürokratischen Aufwand, Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen und Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Für selbstständige Übersetzer und Dolmetscher ist sie dann sinnvoll, wenn zwei Voraussetzungen gegeben sind:

  1. Der Jahresumsatz bleibt voraussichtlich über viele Jahre oder dauerhaft unter der Schwelle von 22.000 Euro. Das gilt für alle, die nicht in Vollzeit übersetzen/dolmetschen können oder wollen, zum Beispiel weil sie ihre Aufgabe als Mutter/Vater ernst nehmen, Angehörige pflegen oder anderweitige Verpflichtungen haben.
  2. Es werden überwiegend Privatkunden direkt bedient (also nicht über Übersetzungsbüros). Nur gegenüber Privatkunden haben Kleinunternehmer einen Preisvorteil, weil sie keine Mehrwertsteuer in Rechnung stellen. Typischer Fall: Urkundenübersetzungen durch gerichtlich ermächtigte Übersetzer.

Für Berufseinsteiger eher nicht empfehlenswert

Berufseinsteiger erzielen in den ersten Jahren ihrer Selbstständigkeit ebenfalls in der Regel Umsätze, die unter dem Schwellenwert liegen.

Für diejenigen, die nach dem Studium voll durchstarten möchten, ist es dennoch meist keine gute Idee, für die Kleinunternehmerregelung zu optieren. Denn die Geringverdienerphase ist meist kurz; spätestens im dritten Jahr sollte man deutlich mehr als 22.000 Euro einnehmen. Gelingt das nicht, macht man irgendetwas Grundlegendes falsch.

Die beiden Hauptnachteile der Kleinunternehmerregelung sind:

  • Durch eine Umsatzsteuer-freie Rechnung gibt man sich als Anfänger oder Teilzeitdienstleister und in jedem Fall als wirtschaftlich „kleines Würstchen“ zu erkennen. Das kann bei der Selbstvermarktung ein Nachteil sein.
  • Wer selbst keine Mehrwertsteuer berechnet, darf sie auch nicht von den eigenen Ausgaben abziehen (Vorsteuerabzugsberechtigung). Die Folge: Man muss die in den betriebsbedingten Ausgaben enthaltene Umsatzsteuer aus eigener Tasche bezahlen. Etwa beim Kauf von Computern, Schreibtischen, Bürostühlen, Handys, Visitenkarten, Tintenpatronen oder Druckerpapier, aber auch z. B. bei Fortbildungsveranstaltungen.
    Übersetzer, die Umsatzsteuer berechnen, können diese Beträge hingegen von der selbst erwirtschafteten und vereinnahmten Umsatzsteuer abziehen und brauchen sie daher nicht zu bezahlen (so genannter „Vorsteuerabzug“). Sie sparen Geld, weil sie letztendlich nur den Nettobetrag ausgeben müssen.

Schwellenwert wird durch EU-Mehrwertsteuerreform weiter ansteigen

Der untere Schwellenwert in der Kleinunternehmerregelung dürfte im kommenden Jahrzehnt weiter angehoben werden – und zwar drastisch. Im internationalen Vergleich sind die in Deutschland künftig geltenden 22.000 Euro immer noch sehr gering. In Österreich und Luxemburg liegt die Grenze bei 30.000 Euro, in Frankreich je nach Fall bei 33.200, 42.900 oder 82.800 Euro. In Großbritannien gilt umgerechnet sogar ein Schwellenwert von 97.382 Euro.

Die in Planung befindliche und eigentlich für 2022 anvisierte EU-Mehrwertsteuerreform könnte zu einer europaweit einheitlichen Regelung führen, die sich an dem britischen Beispiel orientiert. Denkbar und von der EU-Kommission gewünscht ist eine Schwelle irgendwo zwischen 80.000 und 100.000 Euro. Damit würden die meisten Übersetzer steuerlich zu Kleinunternehmern.

Aber sowohl die Übersetzer als auch die Steuerberater und Finanzämter würden sich dadurch einiges an bürokratischem Aufwand ersparen. Und es bräuchte einem nicht mehr peinlich zu sein, für die Kleinunternehmerregelung zu optieren, weil Kunden und Kollegen aus der Tatsache, dass man die Regelung in Anspruch nimmt, keine Rückschlüsse mehr auf den Jahresumsatz des Rechnungsausstellers ziehen könnten.

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[Text: Richard Schneider.]