Einen Teilerfolg konnte der BDÜ Nord am 12. Januar 2022 vor dem Landgericht Berlin verbuchen. Dieses hat nach mündlicher Verhandlung entschieden, dass der Landesverband so lange Mitglied im Bundesverband bleiben kann, bis eine rechtskräftige Entscheidung des BDÜ-internen Schiedsgerichts bzw. eines ordentlichen Gerichts in der Hauptsache ergangen ist. Dies kann sich jedoch über viele Monate hinziehen.
Der Vorstand des BDÜ Nord hat damit genau das erreicht, was er mit der Anrufung des Gerichts und seinem Antrag auf „einstweilige Schutzanordnung“ erreichen wollte: Die 600 Einzelmitglieder im Norden bleiben von den negativen Folgen des Ausschlusses bis auf Weiteres verschont.
Die Einzelmitglieder waren an den seit Jahren schwelenden verbandsinternen Querelen und persönlichen Auseinandersetzungen nicht beteiligt, wurden vom Bundesverband aber als Druckmittel gegen missliebige Vorstandsmitglieder im Norden benutzt.
Querelen offenbaren erneut Strukturfehler des BDÜ
Das Hickhack spielte sich in der Führungsriege des Verbandes ab, der nach außen gerne mit einer Stimme spricht, de facto aber lediglich eine Art Arbeitsgemeinschaft von zwölf rechtlich vollkommen unabhängigen Mitgliedsverbänden ist.
Der BDÜ zählt nicht weniger als dreizehn voll ausgestattete Vorstandsgremien (12 Mitgliedsverbände plus Bundesvorstand), während der ähnlich große Berufsverband der technischen Redakteure, Übersetzer und Illustratoren (tekom) mit einem einzigen Vorstand auskommt.
Abweichende Ansichten bei inhaltlichen Fragen wie etwa zum Bestandsschutz im Rahmen des neuen Gerichtsdolmetschergesetztes (BDÜ Nord: brauchen wir unbedingt; Rest-BDÜ: brauchen wir nicht), oder auch in simplen Geschäftsordnungsfragen bei Bundesmitgliederversammlungen sind deshalb nicht gerne gesehen. Denn sie gefährden die Aufrechterhaltug der Fiktion eines nach außen mit einer Stimme sprechenden Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer.
Bundesmitgliedersammlung hatte Landesverband im Oktober ausgeschlossen
Der Bundesverband hatte im Oktober 2021 auf seiner Mitgliederversammlung (Bundesvorstand plus Vorstandsvertreter der Mitgliedsverbände) beschlossen, den vier Bundesländer umfassenden und mehr als 600 Mitglieder zählenden BDÜ Nord aus dem Bundesverband auszuschließen.
Den Antrag hatten die Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gestellt, die dem BDÜ Nord vorwerfen, in deren Zuständigkeitsbereich eingegriffen zu haben.
- 2021-12-30: Galgenfrist für BDÜ Nord: Ausschluss liegt auf Eis, Gerichtstermin im Januar
- 2021-11-02: BDÜ schließt Landesverband Nord aus Bundesverband aus
- 2021-06-20: Warum berichtet UEPO.de nicht über die aktuellen BDÜ-Querelen?
Richard Schneider