Im jahrelangen Streit um den Ausschluss des BDÜ Nord aus dem BDÜ-Bundesverband ist jetzt eine offenbar abschließende Entscheidung gefallen: Der beauftragte unabhängige, externe Schiedsrichter hat dem Antrag des BDÜ Nord stattgegeben und den Ausschlussbeschluss vom Oktober 2021 aufgehoben. Der BDÜ Nord bleibt damit Teil der BDÜ-Familie. Die Kosten des Verfahrens werden den beiden beteiligten Parteien zu gleichen Teilen auferlegt.
Über dieses Ergebnis hat der Schiedsrichter der DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit) den Bundesvorstand und den BDÜ Nord vorab telefonisch informiert. Die schriftliche Begründung wird in den kommenden Tagen per Briefpost zugestellt. Erst danach wollen sich beide Seiten eventuell ausführlicher zur Sache äußern.
Der für die Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen zuständige nördlichste Mitgliedsverband des BDÜ hat annähernd 600 Übersetzer und Dolmetscher in seinen Reihen. Dessen Geschäftsführerin Catherine Stumpp spricht im Namen des Vorstands von einer „guten Nachricht“ und einem „positiven Ende“.
Der BDÜ-Bundesvorstand, dessen Mitgliedsverbände insgesamt mehr als 7.000 Mitglieder zählen, sieht einen Teilerfolg darin, dass die Kosten des Verfahrens geteilt werden. Er wertet dies als Indiz dafür, dass der Schiedsrichter dem Vorstand des nördlichsten Landesverbands einen gehörigen Teil der Mitschuld zuweist.
Das Verhältnis zwischen beiden Gremien war 2021 vollständig zerrüttet. Danach scheint es sich langsam wieder normalisiert zu haben, zumal viele der damals unmittelbar Beteiligten inzwischen andere Funktionen im Verband ausüben oder gar keine Ämter mehr innehaben.
Da sich beide Parteien vorab dazu verpflichtet haben, sich dem Schiedsspruch der DIS zu unterwerfen, dürfte die Angelegenheit nun damit endgültig beendet sein und eine Rückkehr zur Sacharbeit anstehen.
In diese Richtung deutet auch eine kurze Stellungnahme der BDÜ-Präsidentin Norma Keßler, in der es heißt, dass für den BDÜ – „wie schon die vergangenen Monate“ – „die wichtigen Themen des Berufes, von der Politik über die technologischen Veränderungen bis zu Networking und Fortbildung, im Fokus der Anstrengungen“ stehen.
Aus Schaden wird man – hoffentlich – klug
Ende gut, alles gut? Schwamm drüber und weiter? Fest steht, dass die für Außenstehende kaum nachvollziehbaren jahrelangen Querelen und deren maßlose Eskalation dem Verband geschadet haben. Personelle und zeitliche Ressourcen wurden gebunden, Verbandsvermögen in fünfstelliger Höhe vernichtet. Von Imageeinbußen ganz zu schweigen.
Aus Schaden wird man gemeinhin klug. Für Verbände scheint dies aber nur bedingt zu gelten. Hoffen wir, dass sich der BDÜ künftig auf die Sacharbeit konzentriert und intern sicherstellt, dass sich so etwas nicht wiederholen kann.
Die Branche steht vor gewaltigen Problemen und Umwälzungen – wenn sie nicht gar auf eine existenzielle Krise zusteuert. Da gibt es genügend Betätigungsfelder, auf denen sich auch heißblütige Verbandsvertreter engagiert einbringen können.
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Richard Schneider