
Während in den USA die Wokeness schon wieder abgewickelt wird, sitzt sie in Europa noch fest im Sattel – vor allem an den Universitäten. Doch die Politisierung und Ideologisierung der Sprache durch das Gendern stößt auch hier in Wirtschaft und Verwaltung zunehmend auf Widerstand. Der Höhepunkt einer jahrzehntelangen Entwicklung scheint auch in Europa inzwischen überschritten zu sein.
Im Verlag Narr, Francke, Attempto ist soeben ein von Vincent Balnat und Barbara Kaltz herausgegebener Band erschienen, der über den Horizont der deutschen und englischen Sprache hinausblickt und darlegt, wie die Aspekte Genus und Geschlecht in anderen europäischen Sprachen behandelt werden.
Im Klappentext heißt es:
Über einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch wird in Deutschland seit über 40 Jahren diskutiert. Durch die Verbreitung gegenderter Formen und grafischer Sonderzeichen ist der Ton der Debatte deutlich rauer geworden; die beiden ‚Lager‘ stehen sich inzwischen nahezu unversöhnlich gegenüber.
Dieser Band vereint Beiträge zu elf europäischen Sprachen, in denen sprachgeschichtliche Aspekte und die gegenwärtige Debatte möglichst wertneutral und ohne Polemik behandelt werden.
Ziel ist es, Denkanstöße zum komplexen Verhältnis zwischen Genus und Geschlecht zu geben und zu einer gelasseneren und respektvolleren Debatte beizutragen.
Den Einstieg in das Thema bietet der erste Beitrag zum Gendern in der Antike; es folgen Untersuchungen zu den Sprachen Deutsch, Englisch, Niederländisch, Norwegisch, Schwedisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch, Tschechisch und Finnisch.
Inhalt
- Vorwort der Herausgeber
- Gerhard Meiser: Vor 2500 Jahren: Gendern, das „generische Maskulinum“ und die Entdeckung des grammatischen Geschlechts
- Tanja Stevanović: Genderlinguistik und deutsche Sprachgeschichte
- Susanne Günthner: Gendern im Deutschen: Aktuelle Forschungsfragen und das inhärente Positionierungspotenzial genderbezogener Personenreferenzen
- Karoline Irschara: Gendern in Österreich: Aktuelle Strategien und öffentliche Debatten
- Jürg Niederhauser: Diskussionen über geschlechtergerechte Sprache in der Deutschschweiz
- Daniel Elmiger: Geschlechtergerechte Sprache in den Schweizer Landessprachen Französisch, Italienisch und Romanisch
- Laure Gardelle: Epicene references in British English before second-wave feminism: A diachronic perspective
- Ann Coady: Gender-inclusive language debates in the UK: From feminist to trans linguistics
- Sterre C. Leufkens, Ludmilla Coornstra: Gendern im Niederländischen: „m/v/x“
- Heiko Motschenbacher: Gender in Norwegian: Gendered Language Structures and Language Reform
- Magnus P. Ängsal: Gendern im Schwedischen: Sprachsystematische, gebrauchsbezogene und metapragmatische Aspekte
- Éliane Viennot: Zur Maskulinisierung des Französischen aus sprachgeschichtlicher Sicht
- Vincent Balnat: „Monsieur LA députée, si vous continuez à m’appeler Madame LE ministre …“ . Zum gegenwärtigen Gebrauch gendergerechter Sprache in Frankreich
- Cecilia Robustelli: Zur Genderfrage im gegenwärtigen Italienisch
- Carmen Galán Rodríguez: Genus und Geschlecht in der Sprachbeschreibung des Spanischen (16.–21. Jahrhundert)
- María Isabel Rodríguez Ponce: Gendergerechte Kommunikation im gegenwärtigen Spanisch
- Svetlana Kibardina: Genus und Sexus im Russischen
- Jana Valdrová: Gendern im Tschechischen
- Christian Niedling, Mia Raitaniemi: Gendern und Gleichstellungspolitik in Finnland
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Die Herausgeber
Vincent Balnat lehrt seit 2009 deutsche Sprachwissenschaft und Grammatik am Département d’allemand der Université de Strasbourg. Seine Forschungsschwerpunkte sind die gegenwärtige Entwicklung der Lexik im Deutschen und Französischen, die Deonomastik und die Geschichte der Germanistik im Elsass.
Barbara Kaltz lehrte bis 2010 Deutsche Sprache und Sprachwissenschaft an der Université de Provence (Aix-en-Provence). Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der Sprachwissenschaft und des Fremdsprachenunterrichts.
Bibliografische Angaben
- Vincent Balnat, Barbara Kaltz (Hg., 2025): Genus und Geschlecht in europäischen Sprachen – Geschichte und Gegenwart. Heidelberg: Narr, Francke, Attempto. 468 Seiten, Buch 88,00 Euro, E-Book 70,99 Euro, ISBN 978-3-381-12301-8. Auf Amazon bestellen.
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red