Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat im März 2024 eine Art Gender-Erlass sowie eine Dienstanweisung herausgegeben, mit denen die Staatskanzlei, die hessischen Ministerien und die hessische Landesvertretung in Berlin angewiesen werden, ab sofort nicht mehr mit Sonderzeichen zu gendern.
In den Papieren heißt es unter anderem:
- „Auf die Verwendung der Gendersprache unter Verwendung von Sonderzeichen soll verzichtet werden. In Hessen sollen nach dem Willen dieser Regierung der dienstliche Schriftverkehr und in alle sonstigen amtlichen Verlautbarungen der Landesverwaltung ausschließlich dem amtlichen Regelwerk des Rates für deutsche Rechtschreibung folgen.“
- „Folgende Schreibweisen sind nicht zu verwenden: Verkürzte Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinnern, insbesondere mit Gender-Stern, mit Binnen-I, mit Unterstrich, mit Doppelpunkt.“
- „Bevorzugt soll die Verbindung der weiblichen und männlichen Form verwendet werden, wobei die feminine Form grundsätzlich voranzustellen ist.“
Ebenfalls erlaubt sind geschlechtsneutrale Umschreibungen und Alternativformulierungen wie Lehrkräfte statt Lehrerinnen und Lehrer.
Die Staatskanzlei und die Ministerien sollen über die Dienstanweisung hinaus mit geeigneten Vorschriften für einen „einheitlichen geschlechtergerechten Gebrauch der Schriftsprache“ sorgen.
Schulen und Hochschulen ebenfalls betroffen
Eine Woche zuvor hatte das Kultusministerium bereits verfügt, dass in den hessischen Schulen das Gendern in Abschlussarbeiten als Fehler zu werten sei. Ein Sprecher erklärte damals, dass man damit lediglich zur früheren Praxis zurückkehre, die während der Corona-Zeit ausgesetzt worden sei.
Im Erlass des Ministerpräsidenten heißt es jetzt bekräftigend zu den oben skizzierten Rechtschreibregeln:
- „Dies soll auch grundsätzlich Grundlage der Vermittlung der deutschen Grammatik in unseren Schulen und der Schriftsprache an unseren Hochschulen sein.“
SPD-geführte Ministerien tragen Regelung mit
Die SPD-geführten Ministerien in Hessen hätten die Anweisung von sich aus sicherlich nicht vorangetrieben, aber sie tragen sie mit.
Das Wirtschaftsministerium von Kaweh Mansoori (SPD) erklärte gegenüber dem Hessischen Rundfunk:
Zu einer bürgernahen Verwaltung gehört auch eine einheitliche und verständliche Sprache. Mit einer neuen Dienstanweisung des Ministerpräsidenten wird daher für alle Stellen der Hessischen Landesverwaltung einheitlich festgelegt, wie eine geschlechtergerechte und verständliche Sprache aussieht.
Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) verweist darauf, dass Sonderzeichen für Menschen mit einer Lern-, Seh- oder Hörbeeinträchtigung ein großes Hindernis seien. Die Landesregierung sei gewillt, inklusiv zu formulieren – aber nicht mit Sonderzeichen. Er sagt:
Die deutsche Sprache ist so vielfältig, so reichhaltig, und es gibt so viele Möglichkeiten, inklusiv zu sprechen, ohne dass man auf Sonderzeichen zurückgreifen muss.
Das Arbeitsministerium unter SPD-Ministerin Heike Hofmann wollte sich zu dem Thema nicht äußern, sondern verwies die Presse an die Staatskanzlei.
Maßnahme in Koalitionsvertrag und Regierungserklärung angekündigt
Das jetzt umgesetzte Vorgehen war im Dezember 2023 bereits im Koalitionsvertrag von CDU und SPD vereinbart worden. Dort heißt es:
Wir werden festschreiben, dass in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt. Auf die Verwendung der sogenannten Gendersprache werden wir daher zukünftig landesweit verzichten.
Ministerpräsident Boris Rhein hatte dies in seiner Regierungserklärung vom 24.01.2024 noch einmal bekräftigt:
Ich möchte keinen Kulturkampf ums Gendern führen. Das soll im Privaten jeder so handhaben, wie er es für richtig hält. Aber es ist nicht in Ordnung, wenn eine Hausarbeit in Schule oder Uni schlechter bewertet wird, weil der Autor nicht gendert.
Und deswegen werden wir festschreiben, dass die öffentliche Verwaltung sowie weitere staatliche und öffentlich-rechtliche Institutionen auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichten.
Gendern verliert an Boden
Das Gendern scheint seit einigen Jahren im gesamten deutschen Sprachraum an Boden zu verlieren. In der Schweiz konnte es nie richtig Fuß fassen. Und in Deutschland und Österreich haben Politiker nach Dutzenden von Umfragen erkannt, dass gut drei Viertel der Bevölkerung und auch der Bediensteten in den Behörden die so genannte Gendersprache ablehnen.
Meist wird das Gendern in den Behörden lediglich von den Gleichstellungsbeauftragten befürwortet, die dann versuchen, über verpflichtende Gender-Leitfäden die Bediensteten zu abenteuerlichen Schreibweisen zu zwingen. Viele Behördenleiter fanden lange nicht den Mut, ihre Mitarbeiter davor zu schützen – aus Angst, als Antifeminist gebranntmarkt zu werden.
Inzwischen wurden jedoch rechtssichere Mittel und Wege entwickelt, die Experimente der Gender-Ideologen zu unterbinden. Ein Wendepunkt war vermutlich das Jahr 2021, als der französische Bildungsminister den Schulen des Landes das Gendern kurzerhand untersagte. In Deutschland und Österreich kann wegen der föderalen Struktur und der Kulturhoheit der Länder ein solches Vorgehen nur auf Landesebene erfolgen.
Wie steht es um das Gendern in Deutschland?
Gesamtgesellschaftlich könnte man den Status Quo wie folgt charakterisieren:
- Das Sternchen ist tot: Das ursprünglich bevorzugte Gendersternchen wird schon seit einigen Jahren kaum noch verwendet. Wer jetzt noch gendert oder Gender-Leitfäden neu entwickelt, greift zum Doppelpunkt, der im Schriftbild weniger stört und somit das kleinere Übel darstellt.
- Sonderzeichen werden abgelehnt. Eine „geschlechtergerechte Sprache“ wird zwar mehrheitlich befürwortet, ihre Umsetzung mit Sonderzeichen aber abgelehnt. Sie widerspricht den amtlichen Rechtschreibregeln und ist – auch beim besten Willen – weder in Regeln zu fassen noch konsistent anwendbar.
- Geschlechtergerechtes Formulieren mit Beidnennung oder neutralen Ausdrücken ist hingegen konsensfähig.
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Richard Schneider