„Gerichtsprozesse drohen zu platzen. Justiz und Ermittlungsbehörden setzen nicht ausreichend qualifizierte Dolmetscher ein, um Kosten zu sparen. Im schlimmsten Fall gehen Kriminelle straffrei aus.“ – So wurde in den Programmzeitschriften ein Beitrag des Fernsehmagazins FAKT vom Mitteldeutschen Rundfunk (mdr) angekündigt. Über die Verlinkung weiter unten können Sie sich den Beitrag auf YouTube anschauen (7:21 Minuten).
Die Sendung berichtete am 11.12.2018 über einen seit fünf Monaten laufenden Drogenprozess am Landgericht Halle (Saale). Von den vier Angeklagten stammen drei aus Albanien, sodass bereits bei den Ermittlungen der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd eine Übersetzerin herangezogen werden musste.
Nach 15 Verhandlungstagen drohte das Verfahren zu kippen. Die Verteidigung hatte herausgefunden, dass die Frau, die ein Jahr lang die bei Telefonüberwachungen mitgeschnittenen Gespräche ins Deutsche übertragen hatte, über keine übersetzerische Qualifikation verfügt und nicht allgemein gerichtlich ermächtigt/beeidigt ist.
Da ihr zudem einige Übersetzungsfehler (auch in einem anderen Verfahren) nachgewiesen werden konnten, beantragte die Verteidigung die Neuübersetzung aller 20.000 Telefonate, was rund neun Monate in Anspruch genommen hätte. Eine dadurch neu anzusetzende Hauptverhandlung würde den Steuerzahler gut 100.000 Euro zusätzlich kosten, wie es im Beitrag heißt.
Auf Anregung des Staatsanwalts ließ das Gericht daraufhin alle Anklagepunkte fallen, die auf der Telefonüberwachung beruhen. Berücksichtigt wurden nur andere, unstrittige Beweise.
Die Folge: Einer der Angeklagten kommt frei, den drei anderen drohen nun nur noch rund zwei Jahre Haft, die unter Umständen sogar zur Bewährung ausgesetzt werden können. Ursprünglich – bis zur Kritik an der Übersetzerin – standen für jeden Angeklagten mindestens fünf Jahre Haft im Raum – ohne Möglichkeit einer Aussetzung auf Bewährung.
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[Text: Richard Schneider.]